03/02/2020
 5 Minuten

Die Geschichte der legendären Uhrenmarke TAG Heuer

Von Jorg Weppelink
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Die Geschichte der legendären Uhrenmarke TAG Heuer

Wer über TAG Heuer spricht, kommt am Thema Motorsport nicht vorbei. Denn zu diesem pflegt die Marke seit langer Zeit eine enge Verbindung. Sie begann mit der Entwicklung von Stoppuhren für Rennwagen und führte schließlich zur Produktion unzähliger Rennfahreruhren. Einige der berühmtesten Sportchronographen der Geschichte stammen von TAG Heuer. Das Unternehmen spielt eine bedeutende Rolle in der Welt der schnellen Autos und hat damit auch die Geschichte der Uhrmacherei geprägt – doch die Marke hat noch mehr zu bieten als nur Motorsport. Lassen Sie uns das gesamte Bild betrachten und gemeinsam herausfinden, was TAG Heuer so besonders macht und wie die Marke ihren heutigen Kultstatus erlangte.

Heuer Autavia 1163

Die Anfänge: eine Familiengeschichte

Die Geschichte von TAG Heuer beginnt im 19. Jahrhundert, lange bevor das Unternehmen überhaupt TAG Heuer hieß. Edouard Heuer gründete die Uhrenmanufaktur Heuer im Jahr 1860. Sein Uhrenatelier befand sich damals im schweizerischen Saint-Imier. Dort begann Heuer mit der Entwicklung hochwertiger Zeitmessungsinstrumente. Es dauerte nicht lange, bis sich das Unternehmen mit seiner bemerkenswerten Handwerkskunst und der Präzision seiner Zeitmessgeräte einen Namen machte.

Heuer fertigte nicht nur sehr genaue Zeitmesser, sondern schuf auch eine Reihe von Neuerungen, die einen nachhaltigen Einfluss auf die Uhrmacherei haben sollten. Eine der wichtigsten Erfindungen war der sogenannte Schwingtrieb, den Edouard Heuer entwickelte und im Jahr 1887 patentieren ließ. Der Schwingtrieb vereinfachte die Architektur des Chronographen erheblich. Einfach ausgedrückt: Er ist eine Kupplung, die den Zeitstopp-Mechanismus und das Uhrwerk miteinander verbindet und wieder trennt. Dank dieser Innovation erwiesen sich die Heuer-Chronographen als sehr präzise und der neue Mechanismus erleichterte die Fertigung, Einstellung und Wartung der Uhrwerke. Der Schwingtrieb wird auch heute noch von vielen Herstellern von Chronographenwerken verwendet, was seine Bedeutung unterstreicht.

Verbindung zum Sport

Es dürfte nicht weiter verwundern, dass die hochpräzisen Instrumente von Heuer im 19. und 20. Jahrhundert sehr gefragt waren. Die Nachfrage stieg noch weiter, als Edouard Heuers Sohn Charles-Auguste Heuer 1916 den Mikrographen entwickelte – die erste mechanische Stoppuhr, die in der Lage war, die verstrichene Zeit auf die Hundertstelsekunde genau zu messen. Nach der Lancierung dieses Zeitmessers tauchten immer mehr Heuer-Instrumente auf verschiedensten Sportveranstaltungen auf, unter anderem bei den Olympischen Spielen. In den 1920er-Jahren war Heuer offizieller Zeitnehmer bei den Olympischen Spielen in Antwerpen (1920), Paris (1924) und Amsterdam (1928).

Heuer Vintage Chronograph, circa 1942

Jack Heuer übernimmt das Steuer

Wenn wir nun ein paar Jahrzehnte vorspulen, kommen wir zu einer weiteren bemerkenswerten Erfindung aus dem Hause Heuer. Walter Hayes, der ehemalige Vorsitzende von Abercrombie & Fitch, beauftragte damals Charles Edouard Heuer mit dem Entwurf einer Uhr, die die Gezeiten vorhersagen konnte. Dies war das erste Mal, dass der zu diesem Zeitpunkt 15-jährige Jack Heuer – der Urenkel des Gründers – in die Entwicklung der Heuer-Uhren miteinbezogen wurde. Doch es sollte nicht bei diesem einen Mal bleiben. Jack Heuer muss seinem Vater seinerzeit gesagt haben, sein Naturwissenschaftslehrer Dr. Heinz Schield könne ihnen bei der Herstellung der Gezeitenuhr helfen. Es dauerte nicht lange, bis Heuer die Solunar vorstellte. Diese Uhr vermochte genau das, was Walter Hayes verlangt hatte. Ein weiterer Beweis dafür, dass die Heuers jede technische Herausforderung, die man an sie herantrug, meistern konnten.

Bald darauf begann Jack Heuer eine wichtigere Rolle im Unternehmen zu spielen. 1959 zog er in die Vereinigten Staaten, um die Leitung von Heuers US-Niederlassung zu übernehmen. Innerhalb relativ kurzer Zeit führte er die Marke zum Erfolg, wurde aber 1962 von seinem Vater zurück nach Hause gerufen. Dort erfuhr Jack, dass sein Onkel die Firma verkaufen wollte. Als er dies hörte, beschloss er, einen Kredit aufzunehmen und einen Teil der Aktien seines Onkels zu kaufen. Zusammen mit den Aktien, die sein Vater ihm überließ, wurde Jack Heuer Mehrheitsanteilseigner und Leiter des Unternehmens Heuer.

Vintage Heuer Autavia, circa 1966

Einstieg in den Motorsport

Mit Jack Heuer an der Spitze kam es zu vielen neuen und spannenden Entwicklungen für das Unternehmen. Er lancierte nicht nur einige klassische Heuer-Chronographen, sondern brachte auch einen neuen Sinn für Brand-Marketing in die Firma – eine Fähigkeit, die er während seiner Zeit in Amerika erlernt hatte. Die Kombination aus großartigen neuen Produkten und der Fähigkeit, diese zu vermarkten, erwies sich für das Unternehmen in den 1960er- und 1970er-Jahren als Schlüssel zum Erfolg.

1961 feierte die Heuer Autavia ihr Debüt – den Namen verwendete Heuer erstmals 1933 für eine Borduhr für Rennwagen. Im Jahr 1963 wurde die Heuer Carrera vorgestellt. Dieser Sportchronograph verdankte seinen Namen der Carrera Panamericana, einer halsbrecherischen Autorallye, die zwischen 1950-1954 jährlich in Mexiko stattfand. Die Carrera wurde speziell für Rennfahrer entwickelt und zeichnete sich durch ihre Robustheit und ihre perfekte Ablesbarkeit aus. Aufgrund ihres Namens und ihres vom Rennsport inspirierten Designs wurde die Carrera schnell zu einer Ikone der Uhrenindustrie. Sie ist bis heute eine der wichtigsten Uhren der Marke.

Vintage Heuer Carrera, 1960s

Ein weiterer legendärer Sportchronograph von Heuer, der vielleicht noch berühmter ist als die Carrera, ist die Heuer Monaco. Sie wurde 1969 vorgestellt. Ihren Namen verdankt die Monaco dem gleichnamigen Formel-1-Rennen. Ihr quadratisches Gehäuse war für einen Sportchronographen revolutionär und mit ihrem Kaliber 11 war sie der weltweit erste automatische Sportchronograph. Berühmtheit erlangte die Monaco 1971 durch Schauspielerlegende Steve McQueen, der die Uhr im Film „Le Mans“ am Handgelenk trug. Der Film katapultierte die Heuer Monaco ins Rampenlicht. Tatsächlich bezeichnen viele das Modell 1133 auch heute noch als die „McQueen-Monaco“.

Vintage Heuer Monaco, ref. 1133 B

Die Quarzkrise

Nachdem die Uhrenmanufaktur Heuer in den 1960er- und 1970er-Jahren mit der Carrera, Monaco und Autavia unglaubliche kommerzielle Erfolg verbuchen konnte, fiel sie – wie viele andere Marken auch – der Quarzrevolution der späten 1970er- und frühen 1980er-Jahre zum Opfer. Daraufhin musste Jack Heuer 1982 von seinem Posten als CEO zurückzutreten. Das Unternehmen wurde 1985 an die TAG Group (Techniques d’Avant Garde) verkauft, die die Marke in TAG Heuer umbenannte.

In Folge des Re-Brandings modernisierte das Unternehmen seine Produktionsstätten und führte erfolgreich eine komplett neue Uhrenkollektion ein, die auf den Errungenschaften der Marke im Motorsport aufbaute. Von den 1980er-Jahren bis 2015 war die Marke offizieller Sponsor des McLaren-Formel-1-Teams. 1991 lancierte TAG Heuer seinen berühmten Slogan „Don’t Crack Under Pressure”.

Das Unternehmen heute

1999 verkaufte die TAG Group das Unternehmen TAG Heuer an den französischen Konzern LMVH, für unfassbare 740 Millionen Dollar. LMVH trieb den Erfolg der Marke weiter voran und nahm einige der größten Heuer-Ikonen wieder in seinen Katalog auf. Carrera, Monaco und Autavia gehören noch heute zum TAG-Heuer-Portfolio. Die Marke gilt als eines der legendärsten Unternehmen der Branche. Diese Erfolgsgeschichte hat der ehemalige Unternehmenschef Jack Heuer entscheidend mitgestaltet.  Deshalb lud Jean-Christophe Babin 2001 als frisch ernannter CEO Jack Heuer zum Gespräch ein. Die beiden Männer verstanden sich ausgezeichnet und so bot Babin (heute CEO bei Bulgari) Jack Heuer das Amt des Ehrenpräsidenten an. Während der folgenden zehn Jahre reiste Heuer um die Welt und repräsentierte die Marke, die er und seine Familie geschaffen hatten.

TAG Heuer Mikrograph

Zeitmessinstrumente spielen in der Geschichte von TAG Heuer eine zentrale Rolle. Um dies zu unterstreichen, brachte die Marke 2011 und 2012 ein ganz besonderes Uhren-Trio heraus. Der Erste in der Reihe war der Mikrograph, der die Zeit auf die Hundertstelsekunde genau misst, der Zweite der Mikrotimer mit einer Messgenauigkeit bis auf die Tausendstelsekunde und der Dritte der Mikrogirder, der die verstrichene Zeit bis auf die Zweitausendstelsekunde genau stoppt. Die Uhrwerke, die TAG Heuer entwickeln musste, um diese Genauigkeiten zu erreichen, zeugen von der Innovationskraft des Unternehmens. Von 2014 bis 2018 leitete Jean-Claude Biver die Firma – ein Visionär und Top-Manager in der Uhrenindustrie. Er initiierte TAG Heuers Partnerschaft mit dem Red Bull Racing Team der Formel 1 und eröffnete damit ein weiteres Kapitel in der Geschichte von TAG Heuer, in dem sich dessen enge Verbindung mit dem Motorsport widerspiegelt. Eine Verbindung, die bis in die Anfänge des Unternehmens zurückreicht und wahrscheinlich noch viele Jahre halten wird.

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Eine Marke mit vielen Gesichtern: TAG Heuer


Über den Autor

Jorg Weppelink

Hallo, ich bin Jorg und schreibe seit 2016 Artikel für Chrono24. Meine Beziehung zu Chrono24 reicht jedoch deutlich weiter zurück, denn meine Liebe zu Uhren erwachte …

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