01/31/2022
 6 Minuten

Halten Rolex-Uhren extremen Bedingungen stand?

Von Tim Breining
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Vor dem Sommerbeginn haben wir Ihnen fünf besondere Uhren für extreme Bedingungen und Aktivitäten vorgestellt. Passend zur Jahreszeit erscheint nun eine winterliche Neuauflage. Doch wie gut schlägt sich die wohl bekannteste Uhrenmarke bei Schnee und Eis – nicht nur auf olympischen Pisten – und existieren vielleicht sogar bessere und günstigere Alternativen?

Rolex auf der Skipiste: Submariner vs. Explorer vs. GMT-Master

Zu den größten Vorzügen der begehrten Rolex-Stahlmodelle gehört ihre Robustheit, die sie nicht nur uneingeschränkt alltagstauglich, sondern auch zu perfekten Begleitern beim Sport macht. Manch ein Träger legt seine Rolex Submariner, Explorer oder GMT-Master II zu keiner Tages- oder Nachtzeit ab – selbstverständlich auch nicht im Skiurlaub. Dort muss eine Uhr so mancher erwarteten, aber auch unerwarteten Widrigkeit trotzen. Zu ersteren gehört der Kontakt mit Schnee, tiefen Temperaturen und stetigen Erschütterungen. Zu den weniger offensichtlichen Widrigkeiten zähle ich den Kontakt mit der Türklinke oder anderem Mobiliar nach einem erfolgreichen Abend an der Bar, aber auch den Aufenthalt im Pool oder der Sauna.

Damit können wir unser Lastenheft der idealen Rolex für den Skiurlaub auf und abseits der Piste bereits verfassen. Problem: In Sachen Robustheit stehen sich die meisten Edelstahl-Sportmodelle dank identischem Gehäuseaufbau in nichts nach. Sie sind ausreichend wasserdicht, verwenden Schraubkronen und ihre Stahlbänder scheuen weder Erschütterungen noch Hitze, Kälte oder Feuchtigkeit. Ein paar weitere Kriterien müssen her.

Die Rolex Explorer II „Polar Explorer“.

Je nachdem, wie weit Sie für den Skisport reisen müssen, kann eine GMT-Funktion nicht schaden, um die Heimatzeit im Auge zu behalten. Im winterlichen Kontext sticht die Rolex Explorer II mit der Referenz 226570 heraus, die sich mit ihrem weißen Zifferblatt perfekt in die Kulisse einfügt, wie ihr Spitzname „Polar Explorer“ schon andeutet. Rolex selbst stellt die Explorer II gerne in diesen Kontext, weshalb es nicht verwunderlich ist, dass das Modell auf der Homepage der Marke vor einem eisigen Hintergrund in Szene gesetzt wird. Zwar ist die Explorer II nicht die einzige widerstandsfähige GMT im Rolex-Portfolio, und sie verfügt nicht über wintersportspezifische Funktionen, doch ihr Look macht sie zur idealen Wahl.

Der Vollständigkeit halber soll nicht unerwähnt bleiben, dass es tatsächlich eine Rolex gibt, die mit Skisport beziehungsweise einem bestimmten Skirennläufer in Verbindung gebracht wird. Mehrere Referenzen seltener Rolex-Chronographen mit Tag, Monat und Datumsanzeige aus den 50ern und 60ern sind bekannt unter dem Spitznamen „Jean-Claude Killy“. Ähnlich wie bei der Paul Newman-Daytona besteht jedoch keine direkte Verbindung zwischen dem mehrfachen Olympiasieger und Weltmeister und den genannten Modellen – es heißt lediglich, er habe ein solches Exemplar besessen.

Nicht nur Daytona: Rolex Chronograph Dato-Compax Jean-Claude Killy

Die Alternativen: Oris Big Crown ProPilot Altimeter und Chopard Alpine Eagle

Welche Uhr kann beim Skifahren einen echten Mehrwert bieten? Naheliegend ist ein Chronograph, um Abfahrtszeiten zu stoppen, aber dasselbe gilt für jedwede Tätigkeit oder sportliche Aktivität. Zu einfach!

Glücklicherweise gibt es eine seltene Komplikation, mit der man am Berg so manchem Uhrenenthusiasten ein freudiges Grinsen entlocken kann, und zwar den Höhenmesser. Selbstverständlich nicht irgendeiner, sondern ein rein mechanischer. Dieses Kunststück vollbrachte Oris im mittlerweile eingestellten Modell Big Crown ProPilot Altimeter. Mechanische Höhenmesser sind an sich nichts neues, deren Unterbringung in einer Armbanduhr ist jedoch eindrucksvoll.

Höhenmesser statt Rolex: die Oris Big Crown ProPilot

Um den Druck der Außenluft fühlen zu können, muss eine der Kronen aufgeschraubt sein. Eine Membran sorgt dafür, dass Luft, jedoch keine Feuchtigkeit eindringen kann. Schwimmtauglich ist die Uhr während der Nutzung der Funktion aber nicht. Auf einer Skala zeigt ein besonders leichter Zeiger aus Kohlenstoff die aktuelle Höhe über Meeresspiegel an, der aufgrund seines geringen Gewichts und seiner hohen Steifigkeit trotz der geringen wirkenden Kräfte zuverlässig funktioniert.

Keine spezielle Komplikation, aber eine gewisse Verbindung zum Skifahren kann die Neuauflage der Chopard Alpine Eagle vorweisen. Angeblich schlug der damals 22-jährige Karl-Friedrich Scheufele, der heute an der Spitze von Chopard steht, das sportliche Modell St. Moritz auch aufgrund seiner Liebe zum Skisport vor. Seit dem ursprünglichen Erscheinungsdatum 1980 und der Einstellung im Jahr 2000 sollten über 20 Jahre vergehen, bis der Hype von Stahl-Sportuhren mit integrierten Armbändern eine Neuauflage hervorbrachte. Der ursprüngliche Name St. Moritz wich dem griffigeren Alpine Eagle, und durch Kooperation mit Umweltschutzvorhaben sowie dem Einsatz eines speziellen Stahls des österreichischen Konzerns Voestalpine im Gehäuse platziert Chopard das Modell gezielt im Dunstkreis von alpiner Romantik und Wintersport.

Die Chopard Alpine Eagle trägt den Skisport bereits im Namen.

Die richtige Rolex für Winterwanderungen und Bergtouren

Eine Wanderung oder Bergtour im Winter muss nicht zwangsläufig extrem sein, doch es kann nicht schaden, auch Aktivitäten aufzulisten, die bei einem relevanten Teil der Leserschaft eine Chance auf tatsächliche Durchführung haben.

Vielleicht ahnen Sie schon, dass bei den Stichworten Berg und Wandern nur eine Rolex-Uhr infrage kommt: Die Rolex Explorer. Mit der Auswahl der Explorer II im vorherigen Abschnitt haben wir uns der Explorer-Kollektion zwar bereits bedient, doch der historische Kontext des Modells lässt hier keine andere Wahl zu.

Die Rolex Explorer I: eine Uhr der Entdecker

Die ursprüngliche Explorer erschien 17 Jahre vor der Explorer II im Jahr 1954. Basierend auf den Erfahrungen, die Rolex durch den regen Einsatz von Oyster Perpetual-Modellen auf Expeditionen und Besteigungen sammelte, namentlich allen voran der Everest-Expedition von Edmund Hillary und Tenzing Norgay, präsentierte die Marke die Explorer als die Uhr echter Entdecker.

Die aktuelle Iteration mit der Referenz 124270 in Edelstahl gilt für viele als der Archetyp einer klassischen Tool Watch, die seit Release im Jahr 2021 auch in den Genuss der aktuellen Kalibergeneration 3230 von Rolex gekommen ist. Mit 36 mm im Durchmesser hätte sie vor einigen Jahren noch zu klein für den Massengeschmack gewirkt, trifft im Zuge des Trends hin zu kleineren Durchmessern aber exakt den Nerv der Zeit. Vereinbaren wir an dieser Stelle Stillschweigen über die Kontroverse Bicolor-Variante Ref. 124273 und bleiben für unsere privaten Mini-Expeditionen bei der stimmigen Edelstahl-Iteration.

Die Alternativen in Form und Funktion: Tudor, Seiko und Sinn

Robuste Field Watches mit schnörkellosem, zweckmäßigem Design gibt es wie Sand am Meer, egal, ob bei Hamilton, Seiko oder Citizen. Fordert man einen echten Mehrwert gegenüber der Rolex Explorer, landet man schnell bei Marken wie Sinn. Klassiker wie die Sinn 836 am Stahlband kosten weniger als ein Drittel des Listenpreises der Rolex – und wesentlich weniger des realen Marktpreises. Dafür bekommt man Sinn-typische Features wie gehärtete Oberflächen an Gehäuse und Band, die selbst dieses schlichte Modell über den technischen Stand herkömmlicher Field und Tool Watches hebt.

Die Sinn 836: Besser und günstiger als die Rolex Explorer?

Wer noch mehr will, der kann durch Setzen der entsprechenden Filter auf Sinns Homepage „seine“ Uhr finden, die Features wie Trockenhaltung durch entsprechende Kapseln im Gehäuseinneren, oder Temperaturbeständigkeit von -45 °C bis + 80 °C bieten kann. Etwas exotischer wird es bei Damasko, einer Marke, die ebenfalls gehärtete Gehäuse und Stahlbänder sowie eigene, stark modifizierte Uhrwerke bietet.

Wenn es nicht funktionale, sondern stilistische Nähe ist, die Sie suchen, dann lautet eine offensichtliche Antwort Tudor Black Bay 36. Günstiger und weniger offensichtlich ist ein echter Liebling der Uhrencommunity, die leider eingestellte Seiko SARB033.

Die Tudor Black Bay 36: Die naheliegende Alternative zur Rolex Explorer

Eistauchen mit der Rolex Deepsea

Wenn eine winterliche Aktivität das Adjektiv „extrem“ verdient, dann ist es das Eistauchen. Und weil wir Uhrenenthusiasten Overengineering lieben, kommt für eine derart riskante Aktivität nur die Rolex Deepsea in Frage, die bis 390 bar (sprich 3.900 m) druckbeständig ist. Dies erreicht sie durch den besonderen Gehäuseaufbau, den Rolex Ringlock-System nennt. Hierbei wird die aus dem enormen Druck resultierende Kraft primär von einem Ring aus einer speziellen Stahllegierung im Gehäuseinneren aufgenommen, der gegen den Gehäuseboden aus Titan abgedichtet ist.

In Bezug auf das Eistauchen muss eine Uhr zudem für die geringen Temperaturen geeignet sein und eine Tauchverlängerung bieten, die auch bei Neoprenanzügen von über 7 mm Dicke genug Spielraum für die Anpassung an das Handgelenk bieten.

Die Rolex Sea-Dweller Deapsee: eine Uhr der Superlative

Die angesprochene Tauchverlängerung ist bei der Rolex Deepsea selbstverständlich vorhanden. Nun müssen wir uns die für 99 % der Besitzer irrelevante Frage stellen, ob diese unglaublich druckbeständige Uhr tatsächlich mit Wassertemperaturen von unter 0 °C und Außentemperaturen von – 40 °C zurechtkommt. Glücklicherweise hat sich Rolex bereits vor über 10 Jahren darum gekümmert, diese Informationslücke eindrucksvoll zu füllen. Mit der auch filmisch dokumentierten Expedition „Under the Pole“ unterstütze man ein Vorhaben, bei dem man ganz nebenbei die Robustheit der Rolex Deepsea unter denkbar widrigen Bedingungen demonstrieren konnte.

Die Alternative: Seiko Prospex „Built for the Ice“

Die Seiko Prospex für eisige Tiefen

Wer preiswerte, aber dennoch vollwertige Taucheruhren sucht, der landet schnell bei Seiko und der Prospex-Linie. Speziell für in den USA lebende Enthusiasten hat Seiko mit den Prospex „Built for the Ice“-Sondermodellen Uhren auf den Markt gebracht, die sich, wie der Name schon sagt, im eisigen Wasser wie zu Hause fühlen. Das sollte importfreudige Seiko-Anhänger nicht davon abhalten, auch im Ausland an einen der Zeitmesser dieser Reihe zu kommen. 2020 erschien eine erste Welle von drei Modellen mit Waffelzifferblatt und dem 45 mm-Gehäuse der Seiko Sumo. Ihre Eignung für das Eistauchen wurde von Seiko in zugefrorenen Seen in Michigan unter Beweis gestellt wurde. 2021 folgte eine weitere Welle von drei Modellen, diesmal mit dem Look der „Captain Willard“. Zwar kommen sie allesamt nicht an die absurde Druckbeständigkeit der Rolex Deepsea heran, dafür bieten sie mit 20 bar mehr als genug Druckbeständigkeit für ihren Einsatzweck sowie eine zeitgemäße Gangreserve von 70 Stunden.


Über den Autor

Tim Breining

Etwa 2014, während meines Ingenieurstudiums, begann ich mich für Uhren zu interessieren. Mit der Zeit wurde aus der anfänglichen Neugier eine Leidenschaft. Da …

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