08/21/2023
 5 Minuten

Rolex-Mythos? 5 Erzählungen über die Marke, die eigentlich nicht stimmen

Von Donato Emilio Andrioli
Goldjunge mit Retro-Charme: die neue Rolex GMT-Master II Gelbgold

Als bekannteste Uhrenmarke der Welt sorgt Rolex seit Jahrzehnten für Furore in der Uhrenindustrie – und sogar darüber hinaus. Da verwundert es kaum, dass sich so unglaublich viele Mythen und Geschichten um die Marke mit der Krone ranken. In diesem Artikel verrate ich Ihnen fünf spannende Rolex-Mythen, die sich zwar hartnäckig halten – in Wirklichkeit jedoch nicht stimmen.

Rolex-Mythos 1: die sagenumwobene Rolex-Warteliste

Ich möchte mit einem Rolex-Mythos beginnen, der aktueller kaum sein könnte: die sagenumwobene Rolex-Warteliste. Falls Sie ein alter Hase im Uhren-Hobby sind, haben Sie den Braten wahrscheinlich längst gerochen: Es gibt keine Warteliste – zumindest keine im herkömmlichen Sinne, wo alle Rolex-Interessenten aufgelistet sind und brav der Reihe nach ihre Traum-Rolex erhalten. Doch wie funktioniert es wirklich? Das ist tatsächlich von Konzessionär zu Konzessionär unterschiedlich. In der Regel schreibt der Rolex-Konzessionär Ihren Wunsch auf und weiß somit, dass Sie Interesse an der Uhr haben. Nennt er Ihnen nun eine realistische Wartezeit von ca. 6 Monaten bis anderthalb Jahren, können Sie tatsächlich davon ausgehen, dass er bemüht ist, Ihnen die Uhr zu beschaffen. Nennt er Ihnen hingegen utopische Wartezeiten von 3, 5 oder gar 10 Jahren, ist das Ganze einfach eine nettere Art zu sagen, dass Sie keine Rolex erhalten werden oder sich vorher die Uhr kaufen müssen, die schon seit Monaten im Schaufenster steht und niemand haben will. Die Warteliste ist eine völlig individuelle Geschichte, die jeder Rolex-Konzessionär ein klein wenig anders handhabt. Eine klassische Warteliste, die Kunde für Kunde abgearbeitet wird, ist hingegen ein Rolex-Mythos, der einfach nicht stimmt.

Die Rolex-Warteliste – Mythos oder Realität?
Die Rolex-Warteliste – Mythos oder Realität?

Rolex-Mythos 2: die Rolex Submariner von James Bond

Lassen Sie uns diese Wartelisten-Gefilde verlassen und lieber etwas in die Vergangenheit reisen. Im Jahr 1962 wurde der erste James Bond Film gedreht, James Bond – 007 jagt Dr. No. Dieser Film war nicht nur Startschuss für eine der beliebtesten Filmreihen aller Zeiten, sondern auch für Sean Connerys Karriere, der dank diesem Streifen zum absoluten Filmstar wurde und heute als Schauspiellegende gilt. Doch es gibt noch etwas, das vom ersten James Bond Film profitiert hat: die legendäre Rolex Submariner. Das Ganze ist heute als Marketing-Meisterleistung von Rolex bekannt, die sich früh in den Sechzigerjahren das Konzept des Product-Placements zunutze machten, als alle anderen Hersteller keinen blassen Schimmer davon hatten. Tatsächlich ist Rolex in diesem Punkt wirklich vorbildlich, vor allem wenn wir einmal Revue passieren lassen, was Hans Wilsdorf im Jahr 1927 mit Mercedes Gleitze gemacht hat: Die Schwimmerin mit einer Rolex-Armbanduhr auszustatten, während sie den Ärmelkanal durchquert, war zu dieser Zeit tatsächlich eine Marketing-Meisterleistung. Im Falle von James Bond hat Rolex jedoch nichts damit zu tun, dass die Submariner es in den ersten Film geschafft hat. Der erste James Bond Film hatte damals noch nicht dieses Budget, welches wir von den heutigen 007-Filmen kennen und als erster Film einer späteren Reihe war es meilenweit von der Popularität der heutigen Streifen entfernt. Da Schöpfer Ian Fleming dem Charakter James Bond in seinen Romanen eine „schwere Rolex Oyster Perpetual“ auf dem Leib geschrieben hatte, musste natürlich eine Rolex her. Die Produktionsfirma konnte sich bei dem niedrigen Budget jedoch keine Rolex als Filmrequisite leisten. Rolex selbst glaubte wohl nicht an den Film, also steuerten sie auch keine Uhr bei. Daraufhin entschied sich Produzent Albert Broccoli dazu, Sean Connery seine eigene Submariner für den Film auszuleihen. Das ist die Uhr, die im ersten James Bond Film zu sehen ist. Es war weder eine neuartige Marketing-Idee noch ein visionäres Product Placement in frühen Zeiten – lediglich eine geliehene Rolex mit viel zu kurzem Nato-Band.

Mehr interessante Fakten über die Rolex Submariner finden Sie im Artikel meiner Autoren-Kollegin Barbara!

Dank James Bond ist die Submariner zur wohl populärsten Uhr aller Zeiten geworden
Dank James Bond ist die Submariner zur wohl populärsten Uhr aller Zeiten geworden.

Rolex-Mythos 3: Rolex-Stahl ist härter

Haben Sie auch schon einmal gehört, dass 904L Stahl von Rolex selbst hergestellt wird und deshalb deutlich härter ist als die Stahlsorten, die viele andere Luxusuhrenhersteller benutzen? Ja? Dann können wir wohl gleich mit mehreren Mythen aufräumen. Rolex hat sich mit „Oystersteel“ zwar einen wirklich toll klingenden Namen einfallen lassen, letztendlich müssen sie ihr 904L Stahl aber genauso wie andere Hersteller einkaufen. Rolex ist übrigens beileibe nicht der einzige Hersteller der das tut, auch andere Uhrenmarken setzen auf 904L Stahl. An der angeblichen Härte des 904L Stahls ist jedoch tatsächlich nichts dran. Dieses ist ungefähr so hart wie das 316L Stahl, welches für gewöhnlich in der Uhrenindustrie verwendet wird. Davon konnte ich mich sogar selbst überzeugen: Wo meine Rolex-Uhren bei aller Vorsicht schnell unschön aussehen, scheint das Armband meiner Omega Speedmaster Professional trotz unvorsichtigem Tragen das Wort Kratzer nicht zu kennen – es sieht auch nach einem Jahr aus wie neu. Ganz unnütz ist Oystersteel aber dann natürlich doch nicht. Es ist korrosionsbeständiger als 316L Stahl. Das macht bei einer Uhrenmarke, die sich dem Thema Wasser so stark verschrieben hat, absolut Sinn und ist am Ende des Tages auch für den Rolex-Käufer ein Mehrwert. Auch beim Finish kommt 904L Stahl mit einem anderen Glanz daher. Vorteile bietet 904L Stahl also schon, doch besonders hart ist diese Stahlsorte nicht – und somit nichts anderes als ein Rolex-Mythos, der nicht stimmt.

Rolex-Stahl ist nicht härter als andere Stahlsorten
Rolex-Stahl ist nicht härter als andere Stahlsorten.

Rolex-Mythos 4: Rolex hat immer nur Manufakturwerke verwendet

Dass Rolex immer nur eigene Werke verwendet hat, ist ebenfalls ein Mythos, der sich hartnäckig hält, jedoch einfach nicht stimmt. Früher war es völlig normal unter Uhrenherstellern, sich mit Teilen und Werken auszuhelfen, deshalb besitzen einige erste Panerai Luminor Modelle tatsächlich Handaufzugswerke von Rolex. Auch Rolex hat vom Know-how anderer Uhrenmarken profitiert, bei der legendären Rolex Daytona sogar für eine ziemlich lange Zeit. Zu Beginn der Produktion wurde bei dem Chronographen tatsächlich ein zugekauftes Valjoux-Werk verwendet – können Sie sich das vorstellen? Und das ging bis Ende der Achtzigerjahre munter so weiter. Anschließend wurde auf ein zugekauftes Zenith El Primero Automatikwerk gewechselt, welches damals zwar als bahnbrechend galt, jedoch immer noch nicht von Rolex selbst kam. Bis Ende der Neunzigerjahre änderte sich daran nichts, erst ab dem Jahr 2000 stattete Rolex die Daytona mit einem Manufakturwerk (Lesen Sie hier mehr über Inhouse-Werke) aus. Ausschließlich auf Manufakturwerke greift Rolex also tatsächlich erst seit knapp über 20 Jahren zurück. Erstaunlich! Ich weiß nicht, wie Sie das sehen, doch meiner Meinung nach ist das für eine solch sagenumwobene Uhrenmarke wie Rolex ziemlich wenig.

Die legendäre Rolex Daytona besitzt erst seit den 2000er Jahren ein Manufakturwerk
Die legendäre Rolex Daytona besitzt erst seit den 2000er-Jahren ein Manufakturwerk.

Rolex-Mythos 5: die Rolex Datejust aus American Psycho

Erneut unternehmen wir einen Ausflug in die Filmwelt. Das könnte passender auch kaum sein, denn unser letzter Rolex-Mythos könnte genauso gut ein Plottwist eines Christopher Nolan Streifens sein. Die Rolex Datejust aus American Psycho ist mittlerweile fast so kultig wie der Film selbst – dementsprechend ranken sich wirklich viele Geschichten und Mythen um die Uhr, die in der Romanverfilmung zu sehen ist. Angeblich soll sich Rolex sogar dazu bereit erklärt haben, eine Datejust für den Film zu spendieren – unter der Bedingung, dass Hauptfigur Patrick Bateman die Uhr nicht in den Szenen tragen würde, in denen er Menschen Schaden zufügt. Es kann sich jedoch definitiv nicht so zugetragen haben: Ich habe mir für diesen Artikel den Film noch mal komplett angesehen, nur damit ich ganz sicher gehe, dass ich Ihnen keinen Unsinn erzähle. Die Rolex Datejust aus American Psycho hat mich und viele andere Uhrenfans völlig zum Narren gehalten. Die Datejust, die Christian Bale im Kult-Film trägt, ist in Wirklichkeit eine Seiko SNXJ90. Hat sich Rolex geweigert, so einen brutalen Streifen zu unterstützen? Hat das Budget nicht gereicht? Oder war dieses kleine, aber feine Detail pure Absicht der Regisseurin? Das werden wir leider nie erfahren.

Nanu? Die Rolex aus „American Psycho“ ist ja gar keine Rolex...
Nanu? Die Rolex aus „American Psycho“ ist ja gar keine Rolex …

Kennen Sie weitere Rolex-Mythen, die sich zwar hartnäckig halten, jedoch nicht wahr sind? Lassen Sie es mich gerne wissen, ich freue mich auf Ihren Kommentar.


Über den Autor

Donato Emilio Andrioli

Als ich mit der Tudor Black Bay 41 meine erste mechanische Uhr kaufte, begann für mich eine neue große Leidenschaft. Besonders begeistern mich ikonische Uhren, die eine interessante Geschichte vorweisen können.

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