Die Geschichte der Marke Rolex beginnt im Jahr 1905, als Hans Wilsdorf und sein Schwager Alfred Davis die Firma „Wilsdorf & Davis“ gründeten. Zu Beginn importierten sie Gehäuse von Dennison und Uhrwerke von Aegler, die sie dann in England zusammensetzten, um sie in die ganze Welt zu verkaufen. 1908, nur drei Jahre später, wurde der Name „Rolex“ zu einer geschützten Marke – und zum Markennamen für die Zeitmesser von W&D. Sieben Jahre später wurde das Unternehmen offiziell in „Rolex Watch Co. Ltd“ umbenannt und die Marke, wie wir sie heute kennen, war geboren.
1919, kurz nach dem Ersten Weltkrieg, zog Rolex nach Genf um, um die hohen Steuern zu umgehen, die die britische Regierung auf Luxusimporte und -exporte, darunter auch auf Gold und Silber, erhoben hatte. In Genf wurde das Unternehmen unter dem Namen „Montres Rolex SA“ geführt, was später zu „Rolex SA“ wurde – der Name, den wir heute kennen. Obwohl die Anfangszeit recht turbulent war, gelang es Rolex von Anfang an, leistungsstarke Zeitmesser zu erschaffen. So war beispielsweise die erste Armbanduhr, die jemals ein Schweizer Zertifikat für chronometrische Präzision erhielt, eine Uhr von Rolex. Das war im Jahr 1910. Vier Jahre später erhielt erneut eine Rolex ein Zertifikat für Präzision der Klasse „A“, diesmal vom Kew Observatory – eine Auszeichnung, die bis dahin Marine-Chronometern vorbehalten war. Auch im weiteren Verlauf ihrer Geschichte kann die Marke bis heute zahlreiche Errungenschaften nachweisen. So erschuf Rolex beispielsweise 1926 das Oyster-Gehäuse, das erste hermetisch verschlossene Gehäuse, und 1931 veröffentlichte Rolex eines der ersten automatischen Uhrwerke, um nur wenige Beispiele für ihre vielen beeindruckenden Innovationen zu nennen.
Im Gegensatz zu Rolex’ eher unkonventionellem Start in die Uhrenwelt entstand Audemars Piguet auf deutlich traditionellere Weise. 1875 von den Uhrmachern Jules Louis Audemars und Edward Auguste Piguet in Le Brassus in der Schweiz gegründet, erhielt das Unternehmen 1881 den Namen Audemars Piguet & Cie. Audemars kannte sich besonders gut mit der Produktion von komplizierten Uhrwerken aus, während Piguet sich auf die Kontrolle der Uhrwerke konzentrierte – entsprechend ihrer Stärken teilten sich die beiden Uhrmacher auch die Verantwortlichkeiten auf. Audemars war zuständig für die Produktion und andere technische Aspekte im Bereich der Uhrmacherei und Piguet konzentrierte sich auf den Verkauf, die Verwaltung und allgemeine Führung des Unternehmens.
Und obwohl es sich auch hierbei, ähnlich wie bei Rolex, um eine Partnerschaft handelte, unterschieden sich die beiden Marken fundamental in ihren Geschäftsmodellen. So setzte Audemars Piguet auf Kunsthandwerk – auf handgemachte, komplizierte Zeitmesser in extrem niedrigen Auflagen – und arbeitete mit Kunsthandwerkern aus ihrer Gegend zusammen. Das stand im Kontrast zur beständig fortschreitenden Industrialisierung, die auch in der Uhrenwelt so langsam um sich griff. Rolex hingegen akzeptierte die Industrialisierung von Anfang an und machte sie sich zunutze – und hier liegt auch der größte Unterschied zwischen den beiden Marken: die Handwerkskunst.
Handwerkskunst und Qualität
Auch wenn Rolex-Uhren verglichen mit anderen Uhren aus der gleichen Zeit schon immer eine extrem hohe Qualität aufweisen, kann ihre Handwerkskunst nicht ganz mit der von Audemars Piguet mithalten. Schließlich produziert Rolex etwa 1–1,2 Millionen Zeitmesser pro Jahr – AP nur um die 50.000. Bei solch großen Auflagen nutzt Rolex mehr Maschinen in der Produktion und deutlich weniger Uhrmacherstunden bei der Fertigstellung. Zum Vergleich: Bei AP stecken in jeder Uhr etwa 30–99 Uhrmacherstunden, bei Rolex nur 3–6. Außerdem besitzen AP-Uhren häufig Funktionen, die Rolex-Uhren nicht aufweisen, beispielsweise guillochierte Zifferblätter, von Hand verarbeitete Uhrwerke, sorgsam gefertigte Gehäuse mit polierten Lünetten usw.
Doch obwohl die Uhren von AP mehr Handwerkskunst aufweisen als die von Rolex, ist der Qualitätsunterschied nicht so groß, wie man annehmen könnte. Rolex’ Verarbeitungsqualität gehört zu den besten auf der Welt; ihre Armbänder und Gehäuse sind unglaublich robust und ihre Uhrwerke für ihre Verlässlichkeit bekannt. Die von Rolex produzierten Uhrwerke sind ihrer Zeit häufig so weit voraus, dass die Marke ein Uhrwerk völlig problemlos mehr als 20 Jahre lang einsetzen kann. Die Uhrwerke von AP sind auch verlässlich, aber weil sie deutlich komplexer sind, sind sie auch anfälliger für Probleme. Außerdem sollte erwähnt werden, dass bei APs komplizierteren Uhrwerken, beispielsweise bei Chronographen, manchmal lediglich Zusatzmodule auf ein Basisuhrwerk angebracht werden, was wiederum zu Leistungseinbußen führen kann – ein Brauch, den Rolex nicht unterstützt, da die Marke das Ziel einer zeitlosen Technologie verfolgt.
Technologie & Funktionalität
Einige der wichtigsten Technologien in der Uhrmacherei stammen wie gesagt von Rolex, darunter das hermetisch verschlossene Oyster-Gehäuse und das Perpetual-Uhrwerk, die beide inzwischen zum Standard in der Uhrenwelt geworden sind. Aber das ist noch nicht alles: Rolex kann auch auf eine lange Tradition in der Produktion von Taucheruhren zurückblicken. In diesem Kontext wurde von Rolex das Heliumventil erfunden, eine Technologie, die es ermöglicht, dass Gase aus dem Inneren eines Uhrengehäuses entweichen können, damit das Glas unter dem Druck, der sich unter Wasser aufbaut, nicht herausspringt. Für diese Erfindung erhielt Rolex 1967 das Patent.
Neben diesen bahnbrechenden Entwicklungen gibt es auch einige etwas weniger bedeutsame Technologien, die Rolex zur Verbesserung der Funktionalität ihrer Uhren erschaffen hat. Dazu gehören im Jahr 2000 die Parachrom-Spirale, die den Antimagnetismus und die Stoßsicherheit erhöhen, und die Keramiklünette, die 2005 auf der GMT-Master II das erste Mal auftauchte.
Audemars Piguet verfolgt eine andere Strategie und konzentriert sich darauf, neue und einzigartige Komplikationen zu erschaffen wie 1921 die erste Armbanduhr mit springender Stunde oder 1986 das erste automatische Tourbillon – eine Komplikation, die inzwischen in der Haute Horlogerie üblich ist. Dazu kommen weitere Errungenschaften wie ihre zahlreichen super flachen Uhrwerke mit einer Vielzahl an Komplikationen und Zeitmesser mit großen Komplikationen, die immer komplexer werden. Zusammenfassend kann man also sagen, dass Rolex und AP völlig unterschiedliche Stile haben, wenn es um technologische Innovationen geht.
Modelle und Kollektionen
Beide Marken basieren das Aussehen ihrer Uhren auf jeweils einem bestimmten Modell. Für Rolex ist das die Oyster Perpetual, für Audemars Piguet die Royal Oak. Es gibt zwar auch Modelle von Rolex, die nicht auf der Oyster Perpetual basieren, die meisten ihrer Kollektionen orientieren sich aber an diesem Modell. Das zeigt sich auch an der Vormacht der wasserdichten Gehäuse und der automatischen Uhrwerke in ihren Angeboten (daher auch die Inschriften „Oyster“ und „Perpetual“ auf den Rolex-Zifferblättern). Das kann in fast all ihren modernen Kollektionen beobachtet werden, außer in der Cellini- und der 1908-Kollektion.
Audemars Piguet dagegen verlegte nach der Veröffentlichung der Sportuhr Royal Oak im Jahr 1972 ihren Schwerpunkt von traditionellen Dresswatches auf Varianten der Royal Oak mit verschiedenen Komplikationen. 1993 brachten sie die Royal Oak Offshore auf den Markt, eine sportlichere Kollektion der Royal Oak. Und 2002 kam die Royal Oak Concept, eine Kollektion, die APs uhrmacherische Größe zum Ausdruck bringen soll.
Gleichzeitig reduzierte AP die Produktion ihrer Dresswatches, wie der Jules Audemars, Edward Piguet und Millenary. 2019 veröffentlichte AP dann allerdings die Code 11.59 und sicherte sich mit dieser Uhr, die mit ihrem achteckigen Mittelgehäuse an die Royal Oak anlehnt, erneut einen Anteil am Markt der Dresswatches.
Preise und Wiederverkauf
Obwohl sie sich in ihrem uhrmacherischen Stil grundlegend unterscheiden, gibt es auch einen Aspekt, den Rolex und Audemars Piguet gemein haben: Beide haben einen hohen Marktanteil auf dem Sekundärmarkt. Während der durchschnittliche UVP bei AP etwa fünfmal höher ist als der von Rolex (50.000 EUR vs. 10.000 EUR), gehören beide auf dem Sekundärmarkt zu den erfolgreichsten Marken. Die meisten ihrer aktuellen Angebote werden mit Aufpreis verkauft. Ihre eingestellten, Neo-Vintage- und Vintage-Modelle erfreuen sich hoher Nachfrage und zeigen einen stetigen Wertanstieg. Das zeigt, dass sie sich gut als Wertanlage eignen.
Also, Audemars Piguet vs. Rolex: wer gewinnt?
Es ist schwer zu sagen, welcher der beiden Uhrmacher besser ist. Klar, AP glänzt mit besserer Handwerkskunst, aber bei Rolex geht es auch gar nicht um handwerkliche Uhrmacherei; im Bereich Verlässlichkeit und Robustheit schlägt Rolex AP. Aber wenn Sie nach einer handgemachten Uhr mit hoher Handwerkskunst suchen, gewinnt AP sicher das Rennen. Das heißt nicht, dass Rolex-Uhren nicht gut gefertigt sind, aber Audemars Piguet besetzt nicht grundlos einen Platz im Dreigestirn der besten Uhrmacher: Ihre Zeitmesser sind funktionale Kunstwerke. Rolex-Uhren sind hingegen funktionale Werkzeuge, und darin liegt der Unterschied.