01/12/2024
 5 Minuten

Schmuckmarken erobern den Vintage-Uhren-Markt

Von Aaron Voyles
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Uhren als Schmuckgegenstände zu betrachten, ist in der Uhrmacherei kein neues Konzept. Zwar waren es praktische Gründe, die dafür sorgten, dass die Armbanduhr bei Männern zum festen Bestandteil der Garderobe wurde. Ursprünglich aber waren Uhren eine Form des Schmucks, und dieser Aspekt spielt auch heute noch eine wichtige Rolle. Bei den Uhrenfabrikanten handelt es sich in der Regel um spezialisierte Unternehmen – denken Sie zum Beispiel an Marken wie Rolex, Breitling, TAG Heuer oder Patek Philippe, die ausschließlich Zeitmesser produzieren. Das soll jedoch nicht heißen, dass Schmuckhersteller wie Cartier, Piaget, Chopard, Bulgari, Boucheron, Van Cleef & Arpels und viele weitere nicht auch eine lange Tradition in der Uhrmacherei vorzuweisen hätten. Und allmählich spricht sich das auch in der Uhrenszene herum …

Tatsächlich ist in jüngster Zeit ein Trend zu beobachten, der Uhrenliebhaber rund um den Globus aufhorchen lässt: Schmuckmarken wie die oben genannten, die früher vor allem mit gehobener Juwelierkunst in Verbindung gebracht wurden, setzen sich immer mehr auch auf dem Vintage-Uhren-Markt durch. In diesem Artikel tauchen wir ein in eine Welt, in der Uhrmacher- und Schmuckhandwerk miteinander verschmelzen. Wir beschäftigen uns mit den beliebten Zeitmessern von Cartier, den wunderschönen Uhren von Piaget mit ihren attraktiven Edelstein-Zifferblättern sowie dem überraschenden Popularitätszuwachs bei Uhren wie der Reflet von Boucheron oder Zeitmessern im Stil der Cartier Tank aus dem Hause Chopard. Im weiteren Sinne geht es um die wachsende Akzeptanz von Schmuckmarken in der Welt der Uhrmacherei.

Können Uhren zur Kategorie Schmuck gezählt werden?

Bevor wir ins Detail gehen, sollten wir zunächst klarstellen, ob Uhren tatsächlich als Schmuck angesehen werden können. Wie bereits erwähnt, stand bei Uhren traditionell der funktionale Aspekt im Vordergrund, vor allem in jener Zeit, als sie bei Männern in Mode kamen. Die aufwendige Handwerkskunst, die kostbaren Materialien und die ästhetische Gestaltung, die viele Zeitmesser auszeichnen, haben die Grenzen zwischen Uhren und Schmuck jedoch verwischt. Auch die Tatsache, dass es sich bei Armbanduhren ursprünglich um Schmuckstücke für Frauen handelte und diese in ihrer Funktion als Zeitanzeiger heute weitgehend überflüssig geworden sind, spricht für die Behauptung, dass wir es bei Uhren eigentlich mit Schmuck zu tun haben. Das wachsende Interesse an den Uhren renommierter Schmuckmarken zeugt von einer neuen Anschauungsweise, bei der Uhren nicht mehr als reine Gebrauchsgegenstände, sondern als Ausdruck von Kunst und persönlichem Stil begriffen werden.

Cartier: Uhrenmarke mit Charme

Seit vielen Jahrzehnten bereichert Cartier die Schmuck- und Uhrenindustrie mit luxuriösen und innovativen Kreationen. Mit dem Modell Santos, der ersten Funktionsuhr, die Cartier 1904 im Auftrag des Fliegers Alberto Santos Dumont entwickelte, erlangte die Marke Berühmtheit und leistete einen wertvollen Beitrag zur Uhrmacherkunst. Doch dieser Aspekt von Cartiers Schaffen geriet weitgehend in Vergessenheit. Seit ein paar Jahren allerdings feiern die Vintage-Uhren von Cartier ihr wohlverdientes Comeback, da Uhrensammler immer mehr den historischen Wert und den wegweisenden Charakter der legendären Designs erkennen.

A Cartier Must Tank Vermeil from the 1970s.
Eine Cartier Must Tank Vermeil aus den 1970er Jahren

Der Reiz der Cartier-Uhren liegt nicht etwa in ihrer Ganggenauigkeit, sondern in den kultigen Designs, die in erster Linie Cartiers Kunstfertigkeit als Schmuckhersteller zu verdanken sind. Die Tank-Kollektion und alle ihre Ableger, bekannt für ihre rechteckige Form und die klaren Linien, stehen bei Uhrenfans besonders hoch im Kurs. Ebenfalls beliebt sind die Kollektionen Santos und Pasha. So haben sich die Vintage-Modelle von Cartier zu gefragten Sammlerstücken entwickelt, die für ihre zeitlose Eleganz und historische Relevanz Bewunderung finden. Vor allem die Crash – ein hochgeschätztes Kultmodell – ist zu einer der begehrtesten Vintage-Uhren auf dem Markt geworden: Auf der Online-Auktionsplattform Loupe This wurde im Jahr 2022 eine originale Cartier Crash „London“ von 1967 für 1,65 Millionen USD verkauft.

Piaget: Edelstein-Zifferblätter und reich verzierte Schmuckuhren

Als Schmuckhersteller, dessen Anfänge im Uhrmacherhandwerk liegen, hat auch Piaget zum Siegeszug der Schmuckmarken am Uhrenmarkt beigetragen. Ein Markenzeichen der Uhren von Piaget sind seit jeher die besonderen Zifferblätter aus Edelstein. Was von Sammlern einst als Skurrilität betrachtet wurde und wenig Beachtung fand, hält heute bei zahlreichen Uhrenherstellern Einzug in die Kollektionen. Sie haben erkannt, dass Sammler das Besondere suchen – einen Zeitmesser mit einzigartigen optischen Merkmalen, der sich von allen anderen unterscheidet. Und so finden Sie heute auch bei Rolex Uhren mit Edelstein-Ziffernblättern.

Piaget 9025 with a tiger stone dial.
Piaget 9025 mit Zifferblatt aus Tigerauge

Die Piaget-Uhren mit ihren Edelstein-Zifferblättern zeugen von dem Bestreben, die Kunstfertigkeit der Schmuckherstellung mit der Präzision der Uhrmacherei zu verbinden. Die Verwendung von Edelsteinen verleiht den Uhren etwas Glamouröses. Daher sind die Vintage-Uhren von Piaget bei all jenen gefragt, die sowohl Luxus als auch Handwerkskunst zu schätzen wissen. Piaget erlangte in den 1960er und 1970er Jahren große Beliebtheit mit dem sog. „Style Selector“-Programm, das es den Kunden erlaubte, nahezu jeden Aspekt ihrer Uhr zu personalisieren. Heute ist Piaget als die Marke bekannt, die Edelstein-Zifferblätter salonfähig gemacht hat. Entsprechend groß ist derzeit das Interesse an Vintage-Uhren des Schmuckherstellers.

Jenseits der Tradition: die Boucheron Reflet und andere Uhren im Tank-Stil

Eine Abkehr von den traditionellen Normen der Uhrmacherei signalisiert auch die zunehmende Beliebtheit von Uhren wie der Reflet von Boucheron. Das 1947 erschienene Modell verfügt über ein markantes rechteckiges Gehäuse und kann mit unterschiedlichen Armbändern versehen werden, was ihr modeorientiertes Design zusätzlich unterstreicht. Während die Reflet in der männlich geprägten Sammlerkultur, die in den 2000er Jahren und noch bis vor Kurzem herrschte, keine Chance gehabt hätte, finden ausgefallene Vintage-Uhren heute immer mehr Beachtung.

Boucheron Reflet
Boucheron Reflet

Auch andere Vintage-Uhren im Tank-Stil von Schmuckmarken wie Chopard, Chaumet und Tiffany & Co. verzeichnen einen Aufwärtstrend, der darauf hindeutet, dass sich die Sammelkultur im Wandel befindet. Anstatt sich nur auf bestimmte Marken oder Modelle zu konzentrieren, suchen Uhrensammler jetzt nach bestimmten Looks – ähnlich wie es Schmucksammler tun. Damit wird der modische Aspekt hervorgehoben, dem sich die traditionellen Uhrenhersteller, im Gegensatz zu ihren Kollegen aus der Schmuckbranche, nur langsam öffnen.

Uhren von Schmuckmarken – Pro und Kontra

Das Besondere an Schmuckuhrenmarken ist ihre Fähigkeit, zeitlose Ästhetik und Uhrmacherkunst nahtlos miteinander zu verbinden. Die Kombination aus kostbaren Materialien, aufwendigen Details und kultigen Designs resultiert oft in einzigartigen Zeitmessern, die über die reine Funktionalität hinausgehen. Die Verschmelzung von Schmuck und Uhr kann allerdings auch höhere Preise mit sich bringen. Zudem kommt es vor, dass bei Schmuckuhren der technische Aspekt zugunsten des Designs in den Hintergrund tritt. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Schmuckmarken Quarzwerke oder Werke von Drittanbietern verwenden, da die Technik hier in der Regel an zweiter Stelle steht. Dies sollten Sie bei Schmuckuhren stets bedenken.

Fazit: Lohnt es sich, eine Schmuckuhr zu kaufen?

Dass Schmuckmarken auf dem Markt für Vintage-Uhren Fuß fassen, ist zweifelsohne ein wichtiger Trend. Für Uhrenliebhaber bieten diese Zeitmesser die Möglichkeit, sich ein Stück Kunst ans Handgelenk zu holen, in dem sich das traditionelle Schmuckhandwerk renommierter Juwelierhäuser widerspiegelt. Egal, ob Sie sich für die klassische Eleganz von Cartier, die Opulenz der Edelstein-Zifferblätter von Piaget oder die avantgardistischen Designs von Boucheron entscheiden, eins ist all diesen Uhren gemein: Sie besitzen eine unvergleichliche Anziehungskraft jenseits aller Geschlechterklischees. Denn auch Männer finden immer mehr Gefallen an kleineren, stilvollen Uhrendesigns. Begeben Sie sich also ruhig auf Entdeckungsreise! Vintage-Schmuckuhren vereinen Uhrmacherkunst mit Haute Couture und liegen absolut im Trend. Und dieser Trend wird sich meiner Meinung nach fortsetzen, denn auch mit ihren modernen Zeitmessern machen die Schmuckmarken in der Uhrenwelt von sich reden.


Über den Autor

Aaron Voyles

Ich liebe alles an der Uhrmacherei, von der Kunstfertigkeit des Designs über die Technik, die in den Uhrwerken steckt, bis hin zu den spannenden Geschichten, die ihr Leben einhauchen.

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