10/13/2022
 5 Minuten

Was steckt hinter „Swiss Made“ Uhren?

Von Barbara Korp
Rekord im Jahr 2022: Der Exportwert Schweizer Uhren belief sich auf 22,4 Mrd. EUR

Rekord im Jahr 2022: Der Exportwert Schweizer Uhren belief sich auf 22,4 Mrd. EUR

Woher stammt die Uhr, die Sie heute tragen? Die Chancen sind vergleichsweise hoch, dass Sie diese Frage mit „aus der Schweiz“ beantworten – schließlich genießt diese den Ruf, die Uhren-Nation schlechthin zu sein. Und das zu Recht: rund 30 Millionen produzierte Uhren pro Jahr – bei unter 9 Millionen Einwohnern! Egal ob Rolex, Audemars Piguet oder Patek Philippe – viele Luxusuhren stammen aus der Schweiz. Längst ist der Begriff „Schweizer Uhr“ oder „Swiss Made“ nicht einfach nur eine reine Herkunftsangabe, sondern vielmehr ein Qualitätsmerkmal. Eine mechanische Schweizer Uhr ist der Inbegriff höchster Uhrmacherkunst, technischer Innovation und Präzision. Und auch bei Quarzuhren steht „Swiss Made“ für Verlässlichkeit. Für eine Schweizer Swatch etwa geben wir gerne einmal etwas mehr Geld aus als für eine andere Plastikuhr. Dafür erwarten wir von dieser auch, dass sie viele Jahre lang gute Dienste leisten wird.  

Doch haben Sie sich auch schon einmal gefragt, wie viel Schweiz Sie wirklich mit einer Schweizer Uhr kaufen? Wie viel Ihrer „Swiss Made“ Uhr wirklich aus der Schweiz stammt? Oder auch, welche großen Marken nicht nur aus diesem kleinen Land stammen, sondern auch in ihm produzieren? Genau diesen Fragen gehen wir hier nach.  

Audemars Piguet Royal Oak Tourbillon – Schweizer Uhrmacherkunst auf höchstem Niveau
Audemars Piguet Royal Oak Tourbillon – Schweizer Uhrmacherkunst auf höchstem Niveau

Warum gibt es Regeln für die Bezeichnung „Swiss Made“ bei Uhren? 

Darf sich jede Uhr, die in der Schweiz zusammengebaut wird, auch wirklich „Swiss Made“ nennen? Nein, das wäre zu einfach. Und es gäbe zu viele Trittbrettfahrer. Denn es ist verlockend, sich im Ruhm des Labels „Swiss Made“ zu sonnen. Jedoch würde solch ein Missbrauch nicht nur dem tadellosen Ruf der Schweiz als Herkunftsland sehr guter Uhren schaden, es geht hier auch um die Wirtschaft: Uhren sind (nach Schokolade) der zweitwichtigste Exportgegenstand und die Uhrenbranche ist eine wichtige Arbeitgeberin. Dies gilt es zu schützen. Daher hat der Schweizer Bundesrat Regeln erlassen, wann sich eine Uhr als „Schweizer Uhr“ bezeichnen oder mit „Swiss Made“ werben darf. So soll eine hohe Qualität der Uhren garantiert werden – und damit weiterhin eine hohe Nachfrage nach diesen im Ausland.  

Wie sehen die Regeln aus? Hier ein Überblick:   

  • Schweizer Bestandteile 

Bestandteile aus Schweizer Fabrikation machen mindestens 50 Prozent des Wertes des Uhrwerks aus. Zudem gilt sowohl für die Uhr als Ganzes als auch für das Uhrwerk, dass mindestens 60 Prozent der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen. Somit wird verhindert, dass ein ausländisches Uhrwerk in eine Schweizer Uhr eingebaut wird.   

  • Schweizer Eigenschaften 

In der Schweiz werden alle Tätigkeiten vorgenommen, die der Uhr ihre wesentlichen Eigenschaften verleihen. Konkret bedeutet das, dass jede Uhr in der Schweiz zusammengesetzt wird. Nur ganz wenige vorab zusammengesetzte Komponenten sind erlaubt. Diese Ausnahmen gibt es, da manche Teile nicht einzeln erhältlich sind. Zusätzlich muss die Endkontrolle in der Schweiz erfolgen.   

  • Schweizer Wurzeln 

Gerade bei Uhren geht es nicht nur um konkrete Bestandteile. Hier spielt die technische Entwicklung eine große Rolle. Schließlich kauft man mit einer Uhr auch ihre Komplikationen – und damit ein Stück Uhrmacherkunst. Daher erfolgt die gesamte Entwicklung jeder Uhr, inklusive Konstruktion und Prototypenbau, auch in der Schweiz. Schweizer Erfindergeist? Mit diesen Regeln ist er garantiert in jeder Uhr enthalten.  

  • Schweizer Stolz 

Nein, der Stolz ist laut Gesetz nicht vorgeschrieben. Aber auch er findet sich in Ihrer Schweizer Uhr. Denn aufgrund der strengen Regeln müssen Uhrenhersteller regelmäßig prüfen, ob sie die aktuellen Voraussetzungen für den Gebrauch der Herkunftsangabe „Schweiz“ erfüllen. Natürlich führen all diese Anforderungen teils zu zusätzlichen Kosten. Doch das nehmen die Uhrenhersteller gerne in Kauf. Denn es ist auch in ihrem Interesse, den tadellosen Ruf der Schweizer Uhren zu erhalten. Und Ihnen Uhren anzubieten, an denen Sie lange Freude haben werden. 

Patek Philippe Ladies Nautilus – auch sie ist durch und durch Schweizerin
Patek Philippe Ladies Nautilus – auch sie ist durch und durch Schweizerin

Welche Schweizer Uhrenhersteller haben am Markt die Nase vorn? 

Rolex 

Hier ist die Krone nicht nur Markensymbol – Rolex ist der größte Schweizer Uhrenhersteller überhaupt. Dies wird sie kaum verwundern, denn Rolex ist schon lange zum Inbegriff der Luxusuhr geworden. Und egal, ob Oscarverleihung oder Wimbledon – Rolex ist bei vielen großen Events Sponsor und sehr präsent. Auch gibt es kaum eine Uhrenmarke, die von so vielen Prominenten getragen wurde und wird. John F. Kennedy trug eine Rolex Day-Date, Barack Obama eine Rolex Cellini. Paul Newman machte die Rolex Daytona weltberühmt und Steve McQueen liebte seine Rolex Submariner. Und auch Sportlegenden hängen an ihren Rolex Uhren – wie etwa Roger Federer, der gerne mit einer Rolex Datejust am Handgelenk gesichtet wird oder Tiger Woods mit seiner Rolex Sea-Dweller.   

Was Sie vielleicht dennoch überraschen wird, ist, wie eindeutig Rolex die Nummer 1 dieser Liste ist. Leider werden genaue Zahlen zum Umsatz nicht mehr veröffentlicht. Daher müssen wir uns auf Schätzungen verlassen. Doch diese zeichnen ein beeindruckendes Bild. Jährlich verlassen etwa eine Million Uhren die Fabriken in Biel und Genf. Der damit verbundene Umsatz wird auf unglaubliche 8 Milliarden Schweizer Franken geschätzt – und somit einen Marktanteil von etwa 28 Prozent.

Rolex Submariner Date – bis heute eine der gefragtesten Sportuhren
Rolex Submariner Date – bis heute eine der gefragtesten Sportuhren

Cartier  

Ob Cartier wirklich auf Platz 2 vorgerückt ist, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Denn genaue Umsatzzahlen werden ebenfalls nicht genannt. Sicher ist aber, dass die Produktionsmenge gestiegen ist – und gleichzeitig auch die Nachfrage. Dies darf man ruhig als Verdienst von Cyrille Vigneron ansehen. Der CEO von Cartier lenkte den Fokus weg von der Haute Horlogerie, um sich stattdessen auf die Standardmodelle zu fokussieren: Ob Tank, Santos oder Ballon Bleu – die Klassiker sind wieder zu wahren Verkaufsschlagern geworden. 

Die Jahre, in denen Cartier vor allem für Schmuck bekannt war, sind vorbei. Vielmehr wird Cartier vermehrt als Uhrenmarke wahrgenommen – und die aktuell 600.000 produzierten Uhren pro Jahr finden auch immer mehr Liebhaber. Eindrücklich bewies das etwa die Oscar-Gala 2022, bei der man auffällig viele Cartier Tanks sah: Eine Tank in Roségold trug Finneas, der gemeinsam mit seiner Schwester Billie Eilish den Oscar für den besten Song gewann. Auch Jake Gyllenhaal griff zu einer Tank – der Tank Chinoise in Gelbgold. Und eine Tank Must XL fand sich am Handgelenk vom besten Hauptdarsteller 2019, Rami Malek. Gleichzeitig ist auch die Cartier Santos auf dem aufsteigenden Ast: Mit Manufakturkaliber ausgestattet und modernisiert, gewinnt sie wieder viele Männerherzen. Manche sehen sie gar als beste Alternative zu einer Rolex an. Oder zumindest als tolle Uhr mit spannender Geschichte, die man zumindest einmal anprobiert haben sollte. 

In demand like never before: the Cartier Tank Chinoise
Cartier Tank Chinoise – heute wieder gefragter denn je

Omega 

Das Ziel, zu Rolex aufzuschließen, ist noch nicht erreicht – doch für Uhrenliebhaber hat dies auch Vorteile: Omega produziert hochwertige Uhren, die auch ohne Wartezeit erhältlich sind. Das Sortiment umfasst einige Klassiker wie die Speedmaster Professional, die als Moonwatch berühmt wurde, aber auch einige spannende Neuheiten, wie die aktuelle James Bond-Uhr. Beeindruckend sind hier die technischen Eigenschaften der Uhren: Nicht nur, dass eine Omega-Uhr schon zum Mond geflogen ist – auch die antimagnetischen Eigenschaften einiger Modelle sind richtungsweisend für die Uhrenbranche. 

Vor allem muss man neidlos eingestehen, dass Omega Teil des größten Marketingcoups des Jahres war: der MoonSwatch. Während Sammler gefürchtet haben, dass dadurch der Wert der Speedmaster Moonwatch sinken würde, hat die Aktion Omega vor allem viel Medienpräsenz gebracht – und damit gesteigertes Interesse an der Moonwatch. Zudem hat Omega damit bewiesen, dass sie sehr gut mit der Zeit gehen kann – und wir uns daher um die Zukunft der Marke keine Sorgen machen müssen. 

Omega Seamaster Diver James Bond 007 No Time To Die – die offizielle Bond-Uhr
Omega Seamaster Diver James Bond 007 No Time To Die – die offizielle Bond-Uhr

Mein Fazit 

Ob Sie sich nun von den Modellen der Top 3 begeistern lassen oder doch lieber Schweizer Underdogs wie Fortis, Tissot oder Oris eine Chance geben – Sie können sich sicher sein, dass Ihre Uhr sowohl einen Schweizer Körper als auch eine Schweizer Seele besitzt.  


Über den Autor

Barbara Korp

Als ich entdeckte, dass Uhren viel mehr als nur Schmuckstücke sind, war es um mich geschehen. Ich habe mich in die Schönheit ihrer Technik verliebt. Gleich darauf folgte jedoch eine Enttäuschung: Die meisten Modelle waren viel zu groß für mich. Doch ich gab nicht auf – und entwickelte dadurch ein spezielles Interessenfeld.

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