04/12/2023
 6 Minuten

Warum ich als Frau Männeruhren trage

Von Barbara Korp
Rolex-Datejust-2-1

Es ist ein Phänomen, das vielen Uhrenliebhabern auffällt: Männeruhren schmücken immer häufiger Frauenhandgelenke. Nun gibt es natürlich viele Spekulationen, warum dies der Fall sein könnte. Ist es wie im Modebereich, dass sich der „Boyfriend-Style“ auch in Bezug auf Uhren durchsetzt? Oder stehlen wir Frauen einfach gerne einmal die Uhren unserer Männer, wenn diese nicht aufpassen? Eine abschließende Antwort auf diese Frage kann ich nicht geben. Doch meine Uhrenleidenschaft begann mit Männeruhren und noch heute besitze ich nur wenige Damenuhren. Warum dies so ist und warum ich dies auch nicht ändern will, verrate ich Ihnen gerne.

Doch vorweg möchte ich noch definieren, wie ich die Begriffe „Damenuhr“ und „Herrenuhr“ im Folgenden verwenden werde. Generell vertrete ich die Meinung, dass jede Uhr an einem Damenhandgelenk eine Damenuhr und jede an einem Herrenhandgelenk eine Herrenuhr ist. Doch für diesen Artikel meine ich mit „Damenuhr“ eine Uhr von kleinerem Durchmesser mit Schmuckelementen, mit „Herrenuhr“ eine Uhr mit mindestens 36 mm Durchmesser, ohne dezidierte Schmuckelemente und die aufgrund Ihrer Größe und Optik traditionell in die Kategorien „Unisex“ oder „Herren“ eingeordnet wird.

Ein Mann hat mich mit der Uhrenleidenschaft angesteckt

Meine Uhrenleidenschaft begann damit, dass ich feststellte, dass Männeruhren an meinem Handgelenk gar nicht mal so schlecht aussehen. Bis dahin hatte ich zwar häufig Uhren mit Quarzwerk getragen, aber diese waren eher in die Kategorie Schmuck einzuordnen und konnten auch durch ein Armband ersetzt werden. Klar, dieses zeigte nicht die Zeit an. Doch die Zeit las ich ohnehin meistens auf irgendwelchen Bildschirmen ab, sodass die Notwendigkeit einer Armbanduhr nicht wirklich bestand. Mir war jedoch schon damals klar, dass die klassischen Männeruhren etwas anderes waren. Denn in diesen tickte ein echtes Uhrwerk, sie waren der Inbegriff für Luxus sowie Handwerkskunst. Doch dass auch ich eine mögliche Trägerin dieser sein könnte, kam mir damals noch nicht in den Sinn.

Doch dann hatte ich die Gelegenheit, Männeruhren anzuprobieren. Erst war es ein „oh, spannend, die mal am Handgelenk zu sehen“. Dann war es ein „Darf ich die einen Tag lang tragen?“, was natürlich bejaht wurde. Und so kam ich zu einer (wohlgemerkt geborgten) Longines Master Collection mit Datum- und Wochentagsanzeige. Diese verließ mein Handgelenk nur sehr selten. Sie fühlte sich gut an, war einfach zu kombinieren und brauchte auch nicht viel Aufmerksamkeit. Gleichzeitig machte es mir Freude, mich mit der Uhr zu beschäftigen, die Ganggenauigkeit zu überprüfen oder einfach nur den nicht-springenden Sekundenzeiger zu betrachten. Auch das strukturierte Zifferblatt und die gebläuten Zeiger – es war die erste Uhr, für die ich mich begeistern konnte.

Longines Master Collection
Longines Master Collection

Ich finde Chronographen toll

Natürlich kam es, wie es kommen musste: Schon bald wollte ich meine eigene Uhr. Besser gesagt: Ich wollte auch einen Chronographen, aber einen in meiner Größe. Also eine Uhr, die die Zeit stoppen kann und dank Totalisatoren noch gut aussieht. Ein Chronographenwerk in kleinem Gehäuse unterbringen – dies ist beinahe ein Ding der Unmöglichkeit (vor allem in einem leistbaren Preisrahmen). Somit landete ich in der Unisex-Kategorie von Omega mit einer Omega Speedmaster mit 38 mm Durchmesser – ideal für Frauen wie auch Männer mit einer Vorliebe für kleinere Uhren. Bis heute habe ich meine Liebe zu Chronographen nicht verloren, da ich ihre Optik liebe. Und bis heute bedeutet dies für mich, dass ich gerne zu Herrenuhren greife.

Omega Speedmaster Chronograph 38mm
Omega Speedmaster Chronograph 38 mm

Wie geht es mir mit der männlichen Optik?

Anfangs war ich natürlich unsicher – würde eine Herrenuhr an mir zu maskulin wirken? Doch schnell erkannte ich: Uhren haben kein Geschlecht. Zudem erlaubt es das Design von vielen Herrenuhren, die Uhr sowohl sportlich als auch elegant zu tragen. Auch wenn man zu einem äußerst femininen Outfit greift, passt eine Herrenuhr immer noch – denn in diesem Falle liefert sie einen spannenden Kontrast. Sollte man einmal keine Lust haben, sie als Kontrast-Stück zu tragen, gibt es auch eine andere Möglichkeit: Man kann sie mit Armbändern, Armreifen oder sonstigem Schmuck kombinieren. Eine Uhr mit Diamanten ist immer ein elegantes Statement. Eine Uhr ohne Diamanten kann je nach Situation passend kombiniert werden – und ist somit vielseitiger tragbar.

Cartier Santos De Cartier – passt immer und zu allem
Cartier Santos De Cartier – passt immer und zu allem

Ich finde die Geschichten hinter den Uhren toll

Während der Suche nach meiner ersten Uhr erkannte ich: Mit vielen Uhren kauft man auch eine Geschichte. Klar handelt es sich hier auch um Bilder, die das Marketing erzeugen will. Doch gleichzeitig steckt viel Wahrheit dahinter. Die Rolex Explorer basiert auf der Uhr, die bei der Erstbesteigung des Mount Everest dabei war. Eine Omega Speedmaster hat es bis auf den Mond geschafft. Und doch kann ich sie auch an meinem Handgelenk tragen. All die Technik, dank derer diese Einsätze in Extrembedingungen möglich waren, und auch all die Emotionen – besitze ich die Uhr, besitze ich auch einen kleinen Teil davon. Während eine Damenuhr mit diamantbesetzter Lünette den Büroalltag zum Glitzern bringt, entführt mich eine Herrenuhr wie etwa die Rolex Explorer in Gedanken in die ungezähmte Natur und auf Berggipfel – und dies ist die Art von Eskapismus, die ich liebe.

Rolex Explorer – Tagträume inklusive
Rolex Explorer – Tagträume inklusive

Ich liebe Komplikationen

Je mehr ich mich über Uhren informierte, desto mehr stieg natürlich auch meine Leidenschaft für Komplikationen. Dies führte unweigerlich dazu, dass ich natürlich eine Uhr mit solch einer Komplikation besitzen wollte. Klar gibt es Ausnahmen wie etwa die Blancpain Air Command, die einen Flyback-Chronograph in Damengröße anbietet. Doch die meisten Uhren mit Komplikationen sind nun einmal Unisex- oder Herrenuhren. Schließlich braucht man ein Gehäuse, das groß genug ist, um das entsprechende Uhrwerk unterzubringen. Und wenn ich ehrlich sein darf: An den meisten Uhren mit Komplikationen will ich keine Schmuckelemente. An einer Uhr mit Mondphase finde ich eine diamantbesetzte Lünette noch schön, da diese den Eindruck des Sternenhimmels verstärkt. Doch an allen anderen Uhren lenken in meinen Augen Schmuckelemente vom Wesentlichen – der Komplikation – ab. Somit führte auch meine Begeisterung für Uhren mit Komplikationen wieder zum altbekannten Kaufschema: Herrenuhren.

Patek Philippe Worldtime – eine Komplikation, die für mich schöner ist als Diamanten

Will ich damit ein Statement setzen?

Öfters bin ich schon der Mutmaßung begegnet, dass Frauen Herrenuhren tragen, um zu sagen, dass sie sich für Uhren interessieren. Dass ich damit quasi ein Statement setzen will. Dem kann ich nicht zustimmen – natürlich trage ich die Uhren, weil ich mich für sie interessiere. Und ja, leider sind Herrenuhren tendenziell spannender als Damenuhren. Dies ist jedoch kein Statement meiner Umwelt gegenüber, sondern einfach nur meine persönliche Vorliebe. Einen positiven Effekt hat es jedoch: Ich werde manchmal auf die Uhren angesprochen, eigentlich immer von Uhrenliebhabern. Dass diese Uhren also aus einer Menge an Leuten die herausfiltern, mit denen ich meine Leidenschaft teile, ist eine angenehme Begleiterscheinung. Mit Menschen reden, sich auch über Uhren austauschen und einfach verstanden werden. Denn ja, über Uhren kann man Freunde finden.

IWC Pilot’s Watch – ein Statement zur Liebe zu Uhren
IWC Pilot’s Watch – eine Liebeserklärung an Uhren

Ich kann Uhren mit meinem Partner teilen und tauschen

Geteilte Freude ist doppelte Freude – das gilt auch bei der Uhrenleidenschaft. Dies beginnt ganz pragmatisch in finanzieller Hinsicht: Nicht nur halbieren sich beinahe magisch die Kosten, da man nur noch eine Hälfte der Uhrenkollektion selbst kaufen muss. Auch verständnislose Blicke des Partners, warum man schon wieder oder für so viel Geld eine Uhr gekauft hat, kenne ich nicht. Vielmehr bestaunen wir gemeinsam Neuzugänge, haben sie vielleicht sogar gemeinsam gekauft und haben den Kauf dann gemeinsam gefeiert. Das Risiko eines Fehlkaufs ist auch minimiert – oft wird eine zu wenig getragene Uhr einfach vom anderen adoptiert. Gleichzeitig kann man Uhren ausprobieren, die man sich selbst vielleicht nicht kaufen würde oder an die man gar nicht gedacht hätte, und sie so vielleicht lieben lernen. Über allem steht aber das Teilen eines Hobbys, das Sich-Austauschen über eben dieses und vielleicht sogar der gemeinsame Besuch von Events und Museen in diesem Bereich, das ich nicht missen möchte. Und das nur möglich ist, weil wir beide Unisex- sowie eher kleinere Herrenuhren tragen.

Rolex Datejust 36mm – es gibt für mich keine bessere Uhr zum Teilen!
Rolex Datejust 36 mm – es gibt für mich keine bessere Uhr zum Teilen!
 

Fazit

Wenn ich also gefragt werde, warum ich Herrenuhren trage, antworte ich mit „Weil es sich gut anfühlt“. Ich mag das Gefühl an meinem Handgelenk. Wie sie zu verschiedener Kleidung passt. Wie sie zu den verschiedensten Gelegenheiten passt. Die Komplikationen, die sie ausmachen. Die Geschichte, die hinter ihr steckt. Eventuell auch die Geschichte, wie ich sie gefunden habe. Und vor allem die Geschichte, wie sie zu einer Partneruhr wurde. Ich trage Herrenuhren, weil sie zu mir passen und mich glücklich machen. Ich trage also Herrenuhren wegen aller Faktoren, die eine Uhrenwahl beeinflussen sollten.


Über den Autor

Barbara Korp

Als ich entdeckte, dass Uhren viel mehr als nur Schmuckstücke sind, war es um mich geschehen. Ich habe mich in die Schönheit ihrer Technik verliebt. Gleich darauf folgte jedoch eine Enttäuschung: Die meisten Modelle waren viel zu groß für mich. Doch ich gab nicht auf – und entwickelte dadurch ein spezielles Interessenfeld.

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