08/09/2022
 5 Minuten

Uhren vs. Sneaker sammeln

Von Jorg Weppelink
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Stan Smith: sneaker and watch enthusiast

Wissen Sie, was eine 1016 ist? Oder eine 15202ST? Und was sich hinter einer „Snowflake“ verbirgt? Wenn ja, dann gratuliere ich Ihnen zu Ihrem umfangreichen Uhrenwissen. Aber wissen Sie auch, was „Breds“ sind? Oder „Oreos“? Wie sieht es mit „Tiffanys“ aus? Nichts davon habe ich mir ausgedacht und bei Letzterem handelt es sich auch nicht um eine Patek Philippe Nautilus mit Tiffany Blue Zifferblatt. Diese Spitznamen stammen aus der Welt der Sneaker. Wenn Ihnen diese Namen also etwas sagen, sind Sie bestimmt ein Sneakerhead oder zumindest an Sneakern interessiert. Es gibt etliche Parallelen zwischen Uhren- und Sneaker-Sammlern, aber es gibt auch grundlegende Unterschiede zwischen beiden Welten. Wir setzen unseren Sommerhut auf, legen eine schöne Uhr um und ziehen ein freshes Paar Sneaker an, um in die Welt der Sneaker einzutauchen und Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur Uhrenwelt zu finden. 

Das Sammeln ist als Hobby so alt wie die Zeit

Die Welten der Uhren- und Sneaker-Sammler unterscheiden sich im Grunde kaum voneinander. Gesammelt wird seit Anbeginn der Menschheit – das Bedürfnis, Sammlungen anzulegen und Dinge zu besitzen, ist also nichts Neues. Wikipedia definiert Sammeln als: die systematische Suche, Beschaffung und Aufbewahrung von Dingen oder Informationen. Viele beginnen schon in frühem Alter damit, Dinge zu sammeln. Und wenn Sie als Sammler aufgewachsen sind, werden Sie dieses Hobby möglicherweise nie wieder ablegen, erst recht nicht, wenn Sie eine richtige Sammelleidenschaft entwickelt haben. 

Im Laufe des letzten Jahrzehnts hat das Uhrensammeln an Beliebtheit und Ansehen gewonnen. Es ist noch gar nicht lange her, da pflegte dieses Hobby noch ein Nischendasein. Mittlerweile hat es so viel Zulauf unter Sammlern, dass Uhren zu sammeln im Laufe der letzten zehn Jahre denselben Status wie das Sammeln von Kunst oder Antiquitäten erlangt hat. Uhren sind aufgrund der Geschichte einiger Uhrenmarken, bestimmter Modelle, ihrer berühmten Träger und dem daraus resultierenden Wert beliebte Sammelobjekte. Wie die meisten von Ihnen wissen, ist die Zahl der Uhrensammler zu großen Teilen aufgrund des gestiegenen Werts der Uhren durch die Decke gegangen. Immer wieder gibt es Sonderauktionen für Uhren, welche die Preise steigen lassen. Uhren sind nicht mehr nur beliebte Sammelobjekte, sondern zum Teil auch profitable Geldanlagen.  

Die Patek Philippe Nautilus 5711 – Geldanlage oder Sammlerstück?

Einen ähnlichen Trend können wir bei Sneakern beobachten. In den letzten 10 bis 15 Jahren ging die Popularität von Sneakern durch die Decke. Sneaker gibt es nicht mehr nur exklusiv von den großen Sportartikelherstellern. Auch in der Haute Couture sind Streetwear und Sneaker-Kultur voll und ganz angekommen. Große Marken wie Chanel und Louis Vuitton haben mit bekannten Sneaker- und Streetwear-Marken zusammengearbeitet, um Sneaker-Kollektionen mit hohem Sammlerwert zu entwickeln. Das gilt jedoch nicht nur für die Haute Couture: Nike und Jordan haben etliche engagierte Sammler, die seit mehr als einem Jahrzehnt Sneaker sammeln. Die legendären Jordan Retros, Dunk SBs und Air Max 1-Modelle sind seit Jahren heiß begehrt. In der Folge konnten wir hier die gleichen astronomischen Preisanstiege beobachten, die es auch bei begehrten Uhrenmodellen gab. Es gibt also definitiv einige interessante Parallelen zwischen Uhren und Sneakern. 

Alte Bekannte: Hype und Exklusivität

Wenn wir uns genauer anschauen, was einen Sneaker zu einem beliebten Sammlerobjekt macht, erkennen wir die gleichen Mechanismen wie bei Uhren. Exklusivität steht dabei an erster Stelle. Drehte sich einst noch alles um Sondereditionen – ein Faktor, der auch weiterhin eine große Rolle spielt –, ist es jetzt eher so, dass die Nachfrage das Angebot überholt hat. Auch wenn viele neue Modelle von Nike, Jordan und Yeezy nicht als Sondereditionen beworben werden, sind sie im Handumdrehen ausverkauft. Das gilt auch für Neuerscheinungen von Rolex, Patek Philippe und Audemars Piguet. Die Nachfrage ist schlicht so hoch, dass die Unternehmen nicht in ausreichender Zahl produzieren können (und oft auch einfach darauf verzichten), um sie zu decken.  

Eine weitere Parallele ist der Hype um große und bedeutende Neuerscheinungen. Die Aufmerksamkeit, die einigen neuen Uhren- und Sneaker-Modellen auf Social Media entgegengebracht wird, ist verblüffend. Eine Neuerscheinung von Tudor oder Rolex wird genauso gehypt wie die neueste Gemeinschaftsproduktion von Travis Scott und Nike oder Neuauflagen von Lebrons oder Jordans Nike-Modellen. Es ist nicht mehr möglich, Instagram zu öffnen, ohne direkt mit Bildern beliebter Marken und Modelle überschwemmt zu werden. Dieser Hype treibt natürlich das Bedürfnis, diese Modelle zu besitzen, durch die Decke. Das wiederum lässt die Preise für Neuerscheinungen steigen.  

Stan Smith: sneaker and watch enthusiast
Stan Smith: Sneaker- und Uhrenliebhaber

Die Unterschiede zwischen Uhren und Sneakern

Aber es gibt auch Unterschiede zwischen beiden Welten. Als Investitionsobjekte mit gutem Werterhalt sind Uhren definitiv die bessere Wahl. Bei den Unmengen neuer Sneaker-Modelle, die jede Woche auf den Markt kommen, unterliegt der Sneaker-Markt etlichen Preisschwankungen. Legendäre Modelle der Vergangenheit werden natürlich ihren Wert erhalten. Aber bei aktuellen Neuerscheinungen gehen die Preise innerhalb kürzester Zeit auf und ab. Uhren erfahren natürlich ebenfalls gewisse Preisschwankungen, jedoch über eine deutlich längere Zeitspanne verteilt. 

Neben den Unterschieden in der Anzahl der Neuerscheinungen unterscheidet sich das Sammeln von Uhren und Sneakern auch in Kultur und Außenwahrnehmung. Die Geschichte der Uhren reicht mehr als 200 Jahre zurück. Die großen Uhrenmarken sind etablierte Institutionen, die eine gewisse Wertschätzung genießen, fast schon von einer magischen Aura umgeben sind. Zusätzlich kann eine Uhr Generationen überdauern, wohingegen sich Sneaker in einem deutlich kürzeren Zeitraum abtragen. Es gibt tatsächlich einige alte Jordans aus den 1980er-Jahren, die bereits komplett auseinandergefallen sind. Das wird bei einer Rolex wahrscheinlich nicht passieren und zeigt, dass deutlich mehr Uhren auch 60, 70 Jahre nach ihrer Herstellung noch in sammelwürdigem Zustand sein werden. Auch nach Jahrzehnten werden sie noch immer das können, wofür sie gebaut wurden. Somit sind Uhren deutlich langlebiger als Sneaker und ihre Preise stabiler. 

Bleibt noch die unterschiedliche Außenwahrnehmung. Sneaker sind tief in der Jugend- und Streetwear-Kultur verankert und haben somit eher jüngere Zielgruppen und diese für einen eher begrenzten Zeitraum. Für viele Sammler bedeutet das, dass sie wahrscheinlich irgendwann ihre Sammlung aufgeben werden. Das muss aber natürlich nicht für alle Sneakerheads gelten. Meiner Erfahrung nach wird irgendwann aber einfach nicht mehr mit der deutlichen jüngeren Konkurrenz auf den neuesten „Drop“ gelauert. Uhren könnten dann die nächsten Objekte der Begierde werden. Es gibt außerdem auch Unterschiede darin, was Menschen bereit sind, für Sammelobjekte zu bezahlen. Uhren werden üblicherweise auf eine Stufe mit Kunst und Wein gestellt und können eine gute Investition darstellen, wenn Sie wissen, wonach Sie suchen. Diese Wahrnehmung macht Uhren langfristig zu einer besseren Investition. 

Vintage watches hold their value
Vintage-Uhren halten ihren Wert

Vergleich der Marken

Trotz aller Unterschiede verbindet das Sammeln von Sneakern und Uhren, dass beides enorm viel Spaß macht. Finden wir noch ein oder zwei Parallelen, wenn wir uns verschiedene Marken anschauen? Die größten Marken im Sneaker-Game sind zweifellos Nike und Jordan, somit haben wir eine eindeutige Parallele zur Rolex und Tudor als aktuelle populärste Uhrenmarken. Eine weitere beliebte Marke für Sneaker ist Yeezy, die noch nicht so lange auf dem Markt ist, aber mutig neue Wege geht und die Wahrnehmung von Sneakern verändert. Eine vergleichbare Uhrenmarke ist Richard Mille. Für Adidas wäre meiner Meinung nach Omega das passende Gegenstück. In all diesen Sneaker- und Uhrenherstellern sehen wir eine lange Geschichte, viele legendäre Modelle und die bestimmenden Marken ihrer jeweiligen Welten.  

Wir könnten noch mehr Parallelen ziehen. Vielleicht verhält sich Asics zu Grand Seiko wie Converse zu Seiko? Was sind Äquivalente für Audemars Piguet und Patek Philippe? Vielleicht Balenciaga und Alexander McQueen? Es macht Spaß, darüber nachzudenken, welche Marken vergleichbar wären oder zumindest in ihren jeweiligen Branchen ähnlich wahrgenommen werden. Sie können sich schon einmal auf mehr Sneaker-Uhren-Vergleiche auf Chrono24 einstellen. Behalten Sie also die Märkte und die wichtigsten Neuerscheinungen beider Welten im Auge. Viel Spaß beim Sammeln! 


Über den Autor

Jorg Weppelink

Hallo, ich bin Jorg und schreibe seit 2016 Artikel für Chrono24. Meine Beziehung zu Chrono24 reicht jedoch deutlich weiter zurück, denn meine Liebe zu Uhren erwachte …

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