06/14/2022
 4 Minuten

Sind bunte Zifferblätter mehr als nur ein kurzfristiger Trend?

Von Donato Emilio Andrioli
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Seit der Veröffentlichung der neuen Rolex Oyster Perpetual Modelle im September 2020 sind bunte Zifferblätter in aller Munde. Immer mehr Uhrenmarken springen auf den Trend mit auf und bauen Uhren mit bunten, auffälligen Zifferblatt Farben in ihre Kollektionen ein. Doch ist das wirklich alles neu? Gab es in der Vergangenheit schon einmal solche bunten Zifferblätter? Wie setzen Luxusuhrenhersteller das Thema um? Sind bunte Zifferblätter gekommen um zu bleiben? Oder ist das Ganze nicht mehr als ein kurzlebiger, witziger Trend?

Die Rolex Oyster Perpetual hat bunte Zifferblätter salonfähig gemacht.

Uhren mit bunten Zifferblättern: ein Blick in die Vergangenheit

Rolex hat bereits vor 2020 immer wieder Mut zur Farbe bewiesen. Wenn wir einmal an die Rolex Submariner „Hulk“, die Rolex Day-Date oder die berühmte grün-goldene „John Mayer“ Daytona denken, wird uns eines schnell klar: Inoffiziell hat die Schweizer Uhrenmarke die Farbe Grün bei Zifferblättern längst für sich beansprucht. Doch gab es solche auffällig bunten Zifferblätter auch schon vor den 2010er Jahren? Vielleicht ist es Ihnen beim Anblick der aktuellen Rolex Oyster Perpetual auch aufgefallen: Die farbenfrohen Zifferblätter erinnern frappierend an die sogenannten „Stella Dials“. Diese wurden ab Ende der Sechzigerjahren in erster Linie in Rolex Day-Date Modellen verbaut. Auch wenn es sich eher um eine seltene Kuriosität handelte: Die bunten, auffälligen Zifferblätter fanden tatsächlich bis in die Achtzigerjahre Zuspruch unter Uhrensammlern, die es etwas auffälliger mochten.

Auch andere Uhrenmarken haben in der Vergangenheit immer wieder zum Farbtopf gegriffen: Häufig stoße ich bei meiner Recherche auf ältere Referenzen von bekannten Breitling-Uhren wie der Breitling Superocean, der Breitling Avenger oder der Breitling Chronomat in Gelb. Die Multifunktionsuhr Breitling Emergency ist hingegen auch mit orangem Zifferblatt erhältlich. Bei Omega ist mir vor allem die Speedmaster Reduced „Michael Schumacher“ im Gedächtnis geblieben. Dieses spezielle Modell ist mit verschiedenen Zifferblattfarben ausgestattet. Die Ref. 3810.61 besitzt passenderweise ein rotes Zifferblatt, die Ref. 3510.12 ist dank gelbem Zifferblatt extrem auffällig. Die Ref. 3510.81 stellt die seltenste, beliebteste und teuerste der drei dar: Dank blauem Zifferblatt ist sie etwas alltagstauglicher und vielseitiger einsetzbar als die anderen beiden Referenzen.

Auffällig bunte Zifferblätter gab es bereits in der Vergangenheit, unter anderem bei der Omega Speedmaster Reduced „Michael Schumacher“.

Uhrenmarken im Farbrausch: nur Kopien der Rolex Oyster Perpetual?

Nach der Veröffentlichung der neuen Rolex Oyster Perpetual im Jahr 2020 ist die Uhrenbranche in einen wahren „Farbrausch“ verfallen. So gut wie jede Marke baut mittlerweile auffällige, bunte Zifferblattfarben in ihre Kollektion ein und geht mit dem Trend. Swatch treibt in Zusammenarbeit mit Omega das Ganze auf die Spitze und bietet mit der MoonSwatch eine günstige Speedmaster in knallbunten Farben an. Sinn hat bei seiner Modellreihe 556 einige der Zifferblattfarben der Rolex Oyster Perpetual übernommen und bietet die jeweils auf 400 Stück limitierte Uhr in Grün, Rot, Orange und Türkis an. Wenn Sie eine Uhr mit pastellfarbenen Zifferblättern suchen, bietet Ihnen die eigenständige Sinn 556 eine bezahlbare Möglichkeit um die 1.000 EUR. Für eine bunte Rolex Oyster Perpetual müssen Sie deutlich tiefer in die Tasche greifen: Angebote unter 15.000 EUR sind mittlerweile ausgeschlossen.

Die interessanteste Veröffentlichung mit Blick auf die Zukunft sind meiner Meinung nach aber die neuen Zifferblätter der Omega Aqua Terra 38. Dabei war ich von Omegas Präsentation kurz vor der Watches and Wonders alles andere als begeistert: Eine goldene Omega Speedmaster in Grün oder mit schwarzen Totalisatoren am Kautschuk ist mir viel zu nah an der Rolex Daytona „John Mayer“. Die Omega Planet Ocean Ultra Deep wirkt schon fast wie eine Rolex Deepsea Hommage; schade für solch eine eigenständige Uhr mit eigener Historie. Doch bei den neuen Zifferblattfarben der Aqua Terra 38 und 34 hat Omega meiner Meinung nach alles richtig gemacht. Sie haben sich von den Zifferblattfarben der Rolex Oyster Perpetual zwar inspirieren lassen, haben ihnen jedoch einen ganz eigenen Charakter verliehen. Die Sunburst-Zifferblätter wirken viel harmonischer, wärmer und moderner als beim Rolex-Pendant. Die Marke mit der Krone hat im Endeffekt nichts anderes gemacht, als die „Stella Dials“ von früher fast 1:1 für ihre Oyster Perpetual Kollektion zu adaptieren. Auch wenn das eine Art Hommage an die alten Uhren sein soll: Objektiv gesehen ist es schon ein klein wenig lieblos. Omegas Antwort gefällt mir persönlich viel besser und die Zifferblätter machen optisch um einiges mehr her als beim Konkurrenten.

Die Sinn 556 ist eine tolle Alternative zur Rolex Oyster Perpetual. Zur Modelllinie wurden kürzlich einige bunte Zifferblattfarben hinzugefügt.

Bunte Zifferblätter – nur ein Trend?

Ja, die Farbpalette, die Rolex aktuell in der Oyster Perpetual Kollektion verwendet und zum Teil wieder eingestellt hat, halte ich tatsächlich für einen vergleichsweise kurzen Trend. Auch wenn die bunten Zifferblätter unter Uhrensammlern auch in Zukunft weiterhin heiß begehrt sein werden: Rolex hat im Endeffekt nicht mehr getan, als die Pastelltöne aus der Ära der „Stella Dials“ in den Sechzigern zu adaptieren und fast 1:1 für ihre aktuelle Kollektion zu übernehmen. Das Rezept hat jedoch hervorragend funktioniert, Rolex ist es erneut gelungen, einen Trend zu setzen. Immer mehr Uhrenhersteller erweitern ihre Kollektionen um auffällige, bunte Zifferblätter und möchten ein Stück vom bunten Kuchen abhaben. Ob Pastelltöne dauerhaft und langfristig für Uhrenträger so interessant bleiben, dürfte fraglich sein. Raum für bunte Zifferblätter wird es jedoch immer geben. Dabei spreche ich gar nicht von den gängigen dunkelblauen oder grünen Sunburst-Zifferblättern, sondern von deutlich knalligeren Farben.

Einen Ausblick für die Zukunft gibt uns Omega mit ihrer neuen Aqua Terra 38 und 34. Der Luxusuhrenhersteller aus Biel hat sich bei den Zifferblattfarben zwar vom Hauptkonkurrenten inspirieren lassen, doch sie haben sie deutlich moderner gestaltet als beim „Vorbild“. Die harmonische, warme Farbpalette gefällt mir deutlich besser als die im 60er-Jahre-Stil gehaltenen bunten Farben der Rolex Oyster Perpetual. Omega-Fans, die es pastellfarben mögen, können hingegen bei der MoonSwatch zugreifen. Auch wenn nicht jeder Uhrenträger bunte Zifferblätter in seinen Alltag einbauen kann oder möchte: Farbenfrohe Zifferblätter werden immer Teil der Uhrenwelt sein. Sie werden weiterhin deutlich seltener als ihre schwarzen, weißen oder dunkelblauen Pendants vorkommen. Doch in Zukunft werden wir vermutlich deutlich mehr bunte Zifferblätter sehen als jemals zuvor.


Über den Autor

Donato Emilio Andrioli

Als ich mit der Tudor Black Bay 41 meine erste mechanische Uhr kaufte, begann für mich eine neue große Leidenschaft. Besonders begeistern mich ikonische Uhren, die eine interessante Geschichte vorweisen können.

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