10/08/2020
 6 Minuten

Review: Was Sie über die neue Tudor Black Bay 58 wissen sollten

Von Kai Leingang
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Review: Was Sie über die neue Tudor Black Bay 58 wissen sollten

Als die Tudor Black Bay 58 in blau am 1. Juli 2020 vorgestellt wurde, gab es im Wesentlichen zwei Lager: Das erste Lager war (und ist) der Meinung, dass Tudor mit der blauen Black Bay 58 nur bewiesen hat, dass sie den gleichen, „langweiligen und jegliche Innovationen vermissenden“ Weg der großen Schwester Rolex geht. Nämlich ein Modell um ein paar winzige Akzente wie die Farbe abzuändern und jahrelang im Wesentlichen nichts zu erneuern – Hype statt Innovation.

Das zweite Lager hat sich gefreut, dass Tudor vielen eingefleischten Fans einen Traum erfüllt hat: Nämlich die 2018 erschienene Black Bay 58 zu einer (langsam aber sicher) kompletten Modellpalette mit mehreren Varianten auszubauen. Und genau dieses Lager sieht in der neuen Black Bay 58 in blau auch den ersten Schritt zu weiteren Modellen und Komplikationen im kleiner proportionierten Gehäuse der BB58: Datum, Chronograph und natürlich noch mehr zusätzliche Farben.

Tudor Black Bay 58 Navy, Image: WatchVice
Tudor Black Bay 58 Navy, Bild: WatchVice

Lassen Sie mich Ihnen zu Beginn ehrlich sagen, dass ich zum zweiten Lager gehöre. Dennoch können Sie sich darauf verlassen, dass es hier nicht nur Lobeshymnen auf die Tudor Black Bay Fifty-Eight Navy gibt, denn ich werde bei diesem Review alles auf den Tisch legen, was mir beim täglichen Tragen aufgefallen ist (vor allem im Vergleich mit der schwarzen BB58).

Tragen

Ganz lange waren Uhren von Tudor für mich einfach nur sehr dicke und klobige Uhren. Schön, aber zu groß. Trotzdem hatte ich die Black Bay Fifty-Eight lange nicht auf dem Schirm, weil ich leider früher der Meinung war, dass Tudor einfach nur ein Rolex-Abklatsch ist. Umso überraschter war ich, als ich die (damals schwarze) 58 das erste Mal angelegt habe. Damals habe ich auch eine Submariner No-Date mein Eigen genannt und mir hat die Black Bay Fifty-Eight auf Anhieb besser gefallen:

Tudor Black Bay 58 Navy Wristshot, Image: WatchVice
Tudor Black Bay 58 Navy Wristshot, Bild: WatchVice

Das Gehäuse ist kleiner und feiner als das der (jetzt postmodernen) Submariner 114060 und es hat sich herausgestellt, dass diese Gehäusegröße für mein Handgelenk mit einem 170 mm Umfang wirklich die perfekte Größe ist.

Diese Uhr wirkt nicht wie so viele andere Uhren „eigentlich schon etwas zu groß“, sondern sitzt genau richtig. Ehrlicherweise bin ich der Meinung, dass keine Uhr mir so gut steht wie die Tudor BB58, obwohl ich meine Rolex-Modelle eigentlich viel lieber habe.

Genaue Maße der Tudor Black Bay Fifty-Eight

Durchmesser: 39 mm

Lug-to-Lug: 47,75 mm

Höhe: 11,9 mm

Bandanstoß: 20 mm

Aber es gibt auch Nachteile beim Tragen der Black Bay 58 – und die finden sich im Armband bzw. in der Schließe:

Schließe der Black Bay 58 Navy, Bild: WatchVice
Schließe der Black Bay 58 Navy, Bild: WatchVice
Tudor Black Bay 58 Navy, Image: WatchVice
Tudor Black Bay 58 Navy, Bild: WatchVice

Erstens gibt es diese Fake-Nieten am Armband, die der Black Bay Fifty-Eight einen Vintage-Charakter verleihen sollen. Viele Tudor-Fans sind sich aber genau wie ich einig, dass das nicht unbedingt nötig gewesen wäre, denn sie sind ausschließlich dekorativ.

Zum Zweiten ist die Schließe gröber verarbeitet als das, was man von manchen anderen Uhren in dieser Preisklasse kennt – vor allem die Löcher für die Feinjustierung wirken eher billig und wirken sich so negativ auf die allgemeine Optik der Schließe aus.

Im Alltag stört mich aber am meisten, dass diese Feinjustierung die einzige bei der Black Bay 58 ist, das heißt, es gibt keine werkzeuglose Möglichkeit, mal eben das Band um ein paar Millimeter weiter oder enger zu machen.

Und da ich meine Uhren gerne ziemlich eng trage, habe ich das Band der Black Bay Fifty-Eight etwas kleiner gemacht, was dazu führt, dass es an manch einem Sommertag schon mal eng wird.

Charakter & Wirkung

Ich war vor Kurzem bei einem Juwelier in Slowenien zu Besuch. Nach ein paar Stunden im Laden, hat mir die Verkäuferin dort gesagt:

„Als ich gesehen habe, dass Sie eine Tudor Black Bay Fifty-Eight tragen, wusste ich sofort, dass Sie Uhren wirklich mögen.“

Das war die schwarze BB58 und witzigerweise habe ich dann genau dort das blaue Exemplar auch noch gekauft. Der eigentliche Kunde für die Uhr war am Mittag abgesprungen.

Wo wir beim Tragegefühl nicht nur in etwa, sondern exakt gleich bei beiden Modellen – blau und schwarz – sind, könnte die Wirkung unterschiedlicher jedoch nicht sein: Das schwarze Modell strahlt Wärme und Vintage pur aus. Die sandfarbene Leuchtmasse, die rosegoldenen Zeiger und Indizes und der rote Punkt auf der mattschwarzen Aluminium-Lünette zählen für mich zu den schönsten Farbkombinationen, die es in der Uhrenwelt gibt. Das blaue Modell steht dazu im krassen Gegensatz: Das Blau wirkt sehr steril und unemotional, die silbernen Akzente in Kombination mit der reinweißen Leuchtmasse ist kalt und insgesamt ist diese Uhr viel weniger farbenfroh, als ihr schwarz-gelb-roter Bruder.

Zifferblatt der Black Bay 58 Navy, Bild: WatchVice
Zifferblatt der Black Bay 58 Navy, Bild: WatchVice

Damit kommen wir zu einer Frage, die mir sehr oft gestellt wurde: Wenn ich nur eine von beiden haben könnte, welche würde ich bevorzugen? Nachdem ich jetzt beide Uhren schon einige Zeit getragen habe, würde ich als einzige Black Bay Fifty-Eight die schwarze Variante bevorzugen. Obwohl die blaue Variante kein bisschen weniger schön ist, macht die schwarze mir irgendwie noch bessere Laune. Man könnte sagen, die schwarze Uhr ist perfekt für den Sommer und die blaue perfekt für den Winter. Und ich persönlich mag die langen Abende im Sommer viel mehr, als wenn im Winter um 16:30 Uhr die Sonne schon langsam untergeht.

Was die Verkäuferin im Übrigen über die Tudor Black Bay 58 gesagt hat, trifft auf die Uhr meiner Meinung nach perfekt zu. Eine Tudor ist keine Angeber-Uhr. Sie fällt so gut wie gar nicht auf und trotzdem fehlt ihr nichts. Ich bin ehrlicherweise auch vom prestigeträchtigen Image von Rolex-Uhren sehr angetan. Mir gefällt es, wenn mich jemand auf meine gelbgold-blaue Rolex Submariner anspricht und mutmaßt, dass diese wohl eine Menge gekostet haben muss – aber ich glaube tatsächlich tief im Inneren ist das einfach nur mein Ego, das gestreichelt werden will und eigentlich bin ich im Kern eher der Tudor-Typ.

Was ich damit sagen will: Die Black Bay Fifty-Eight wirkt eher auf Sie selbst als Träger, als auf Dritte (Uhrenkenner ausgenommen) – und obwohl beides schön ist, fühlt sich die Tudor ehrlicher an.

Wert & Verfügbarkeit

Tudor Black Bay 58 Navy, Bild: WatchVice
Tudor Black Bay 58 Navy, Bild: WatchVice

Ich mag es, wenn meine Uhren „No-Brainer“ sind. Das heißt, wenn ich eine Uhr kaufen kann, ohne dass sie beim Tragen direkt 40 % weniger wert ist. Dann fühlt sich ein Uhrenkauf viel mehr nach einer erwachsenen und klugen Entscheidung an und lässt sich viel leichter vor mir selbst rechtfertigen. Die Tudor Black Bay Fifty-Eight ist eine dieser Uhren, denn sie hat sich seit ihrem Release als äußerst wertstabil und beliebt erwiesen.

Und trotzdem ist die Black Bay Fifty-Eight kein Hype-Modell: Eigentlich kann sie jeder mit ein bisschen Geduld haben – und sie werden den Händlern bei Weitem nicht so aus der Hand gerissen, wie so ziemlich jedes Rolex Modell. 

Gerade bei der blauen Black Bay Fifty-Eight lohnt es sich also, vielleicht auch mehrmals oder bei mehreren Händlern einfach mal nachzufragen. Mir haben nun schon zahlreiche Freunde und auch Follower geschrieben, die die Uhr ohne Probleme bekommen haben, auch ohne lange Kundenhistorie. 

Und wenn man die Uhr dann hat, darf man sich freuen, dass sie auch finanziell kein rausgeschmissenes Geld bedeutet – nicht mehr und nicht weniger.

Fazit

Ist die Tudor Black Bay Fifty-Eight in blau ein absoluter Muss? Meiner persönlichen Meinung nach nicht. Ich mag sie und trage sie sehr gerne und am meisten Freude macht es mir, wenn meine Frau und ich abwechselnd je eine der Varianten tragen, dann habe ich für mich das Gefühl, wir sind ein richtiges Uhrenliebhaber-Traumpaar.

Allerdings denke ich, sie kommt nicht ganz an den Charme ihrer Schwester in schwarz heran. Und trotzdem macht sie Lust auf das, was von Tudor in dieser Größe noch kommen wird. Wer blaue Uhren mag und etwas für jeden Tag sucht, das robust und sogar schwimmtauglich ist, der kann in diesem Preissegment meiner Meinung nach nicht mehr Uhr fürs Geld bekommen.

Wer allerdings das Gefühl hat, die blaue Tudor Black Bay Fifty-Eight nun einfach aus Prinzip haben zu müssen, oder weil es eben eine äußerst wertstabile Tudor ist, der wird sie vermutlich nicht oft tragen und schnell daran die Freude verlieren.

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Über den Autor

Kai Leingang

Kai ist Gründer von WatchVice und lässt Uhrenenthusiasten – und solche, die es werden wollen – an seinen Erfahrungen und seinem Wissen rund um Uhren teilhaben. Ganz …

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