02/06/2023
 5 Minuten

Preisvergleich CPO vs. Graumarkt: Lohnt sich Rolex Certified Pre-Owned?

Von Sebastian Swart
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Veränderung durch Rolex Certified Pre-Owned?

Der Graumarkt: Unendliche Angebote gebrauchter und neuer Uhren zu Preisen, losgelöst von der UVP der Hersteller – und ein Geschäftsmodell, das manch einem Hersteller von Luxusuhren ein Dorn im Auge ist: Im Chrono 24-Artikel „Was ist der Graumarkt und wie funktioniert er?“ gingen wir dem auch als Sekundärmarkt bezeichneten Phänomen bereits nach. Auch der Beitrag „Der Graumarkt: immer weniger Grauzone“ unseres Autors Thomas Hendricks aus New York ging der Thematik etwas tiefer auf den Grund.

In den beiden Artikeln erfahren wir, welche Faktoren den Graumarkt mitbestimmen und welches die Verkaufsmotivationen der Händler und Privatverkäufer sind. Offizielle Konzessionäre etwa wollen oder müssen ihre überfüllten Lagerbestände an neuen Uhren abschmelzen. Private Verkäufer schielen auf den schnellen Gewinn beim Verkauf eines gebrauchten und begehrten Modells. Auch einige Luxusuhrenmanufakturen – darunter Audemars Piguet und Breitling erkannten das große Geschäftspotenzial mit gebrauchten Uhren aus eigenem Hause bereits vor einiger Zeit.

CPO (Certified Pre-Owned) lautet die Zauberformel, mit der sich die Hersteller ein möglichst großes Stück vom bereits vorgekauten Uhrenkuchen versprechen. Denn: An einer Uhr, die viele Jahre oder gar Jahrzehnte hält und mehrfach den Besitzer wechselt, lässt sich auch mehrfach mitverdienen.

Rolex verkündete im Dezember 2022 in den CPO-Markt einzusteigen und legte mit dem Vorhaben in Zusammenarbeit mit seinem Konzessionär Bucherer umgehend los. Was bedeutet das Vorgehen der Manufakturen – insbesondere von Rolex – für den Graumarkt und mit welchen Veränderungen müssen die Kunden mittel- und langfristig rechnen?

Der Rolex-Graumarkt: Wieso CPO?

Wie allen anderen Luxusuhrenherstellern ging es auch Rolex in der Vergangenheit in erster Linie darum, möglichst viele neue Uhrenmodelle unter die Leute zu bringen. Das Motiv ist klar: Der Hersteller einer Uhr (oder eines anderen Guts) kann in der Regel nur einmal die kalkulierte Marge einfahren, nämlich beim Direktverkauf oder über das offizielle Händlernetz. Am besten kann man das System sicherlich mit der Autoindustrie vergleichen, die ihre Kunden in möglichst kurzen Zeitintervallen davon versucht zu überzeugen, das neueste Modell der Begierde in die Garage zu stellen. Ist die Uhr respektive das Auto einmal verkauft, will sich der Hersteller mit Ausnahme des Service, der zusätzlich Geld in die Kassen spült, ungern weiter mit dem abverkauften Produkt beschäftigen.

Wieder auf Uhren bezogen, ist es vorwiegend im Fall von Rolex bekanntermaßen so, dass sich auf den Sekundärmärkten in den vergangenen Jahren eine Preisspirale in Bewegung gesetzt hat, die rationell kaum erklärbar ist. Dies gilt für neue und gebrauchte Varianten gleichermaßen. Beflügelt wird das Ganze durch einen emotionalen Kult um bestimmte Modelle, die Fans der Marke, aber auch Neulinge dazu veranlasst, große Summen in eine einzige Uhr zu investieren. Rolex dürfte 1954 kaum geahnt haben, dass 65 Jahre später einmal jemand das 1000-fache des Originalpreises für eine abgerockte Submariner oder Daytona ausgeben würde. Ganz ähnlich wie bei bestimmten Oldtimern ein lohnendes Geschäft.

Was bedeutet Certified Pre-Owned für Rolex und Kunden?

Nun sind also qualifizierte Rolex-Konzessionäre – allen voran Bucherer – dazu angehalten, Rolex-Modelle, die mindestens drei Jahre alt sind, vom aktuellen Besitzer zurückzukaufen. Anschließend werden die Uhren von Rolex (nicht von Bucherer) auf deren Echtheit geprüft, erhalten eine Revision sowie ein offizielles Echtheitssiegel und gehen mit einer zweijährigen Garantie als „Certified Pre-Owned“-Modell zurück ins Ladengeschäft von Bucherer.

Der Verkauf gebrauchter Rolex-Uhren gehört für die meisten Vertragshändler zwar zum Tagesgeschäft, die CPO-Zertifizierung sowie die zweijährige Garantie sind jedoch ein völlig neues Verkaufsargument gegenüber dem Kunden. Bucherer darf die zertifizierten Uhren allerdings ausschließlich im eigenen Laden oder über den eigenen Online-Shop verkaufen. Rolex untersagt aktuell den Verkauf von CPO-Uhren über die Sekundärmärkte, was aus Herstellersicht nur logisch ist.

Mit diesem Kniff entzieht der Hersteller die Uhren dem Graumarkt und behält die Kontrolle über die gebrauchten Modelle. Der Konzessionär übernimmt vorab übrigens die anfallenden Revisionskosten und schlägt sie später auf den Verkaufspreis wieder auf. Laut Aussage von Bucherer orientiert sich der Verkaufspreis am aktuellen Marktgeschehen, also an Angebot und Nachfrage.

CPO vs. Graumarkt: Wie unterscheiden sich die Preise bei ungetragenen Modellen?

Wir haben uns die umfangreichen Chrono24 Daten einmal genauer angesehen. Bei eingehender Betrachtung wird deutlich: Rolex geht es scheinbar nicht darum, die Preise wieder in realistische Bahnen zu lenken. Vielmehr scheint es so, dass die Preise möglichst hochgehalten werden sollen – und zwar oberhalb der Preise für vergleichbare Uhren auf dem Graumarkt.

Ein Preischeck Mitte Januar 2023 ergibt, dass offizielle CPO-Uhren von Rolex spürbar teurer sind als identische und ungetragene Referenzen von seriösen Grauhändlern. Die oft gestellte Frage nach Box und Papieren bzw. dem begehrten „Full Set“ dürfte sich zumindest bei fabrikneuen Modellen dabei erst gar nicht stellen. Drei Beispiele:

Eine Rolex Submariner Date Ref. 116610LN kostet CPO Mitte Januar 2023 stolze 17.900 EUR, während fabrikneue Exemplare dieser Referenz auf Chrono24 bereits ab rund 14.500 EUR zu haben sind. Der CPO-Aufschlag liegt damit bei über 23 %.

Rolex Submariner Ref. 116610LN – lohnt sich ein Kauf als CPO-Uhr finanziell?
Rolex Submariner Ref. 116610LN – lohnt sich ein Kauf als CPO-Uhr finanziell?

Eine Submariner Ref. 116618LB aus Gelbgold schlägt CPO gar mit über 51.000 EUR zu Buche, während Sie ein ungetragenes Exemplar auf dem Sekundärmarkt bereits ab 42.000 EUR kaufen können. CPO-Aufschlag: über 21 %.

Rolex Submariner 116618LB – CPO rund 9.000 EUR teurer als fabrikneu vom Sekundärmarkt
Rolex Submariner 116618LB – CPO rund 9.000 EUR teurer als fabrikneu vom Sekundärmarkt

Als drittes Beispiel sei hier eine Rolex Datejust 36 Ref. 116200 mit silbernem Blatt und Balkenindizes genannt. Während ein neuwertiges Exemplar über den Sekundärmarkt für etwa 8.000 EUR erhältlich ist, müssen Sie für ein CPO-Exemplar mit einer Investition von 10.000 EUR rechnen. Den prozentualen CPO-Aufpreis kann sich hier jeder schnell selbst errechnen.

Rolex Datejust 116200 – rechnen Sie mit rund 20 % CPO-Aufschlag
Rolex Datejust 116200 – rechnen Sie mit rund 20 % CPO-Aufschlag

CPO-Preise im Vergleich zu gebrauchten Uhren vom Graumarkt

Die Preisunterschiede fallen noch deutlicher aus, wenn wir für die drei oben genannten Beispiele bereits getragene Uhren vom Graumarkt mit Rolex CPO-Uhren vergleichen. So können Sie die Submariner Ref. 116610LN im gebrauchten Zustand auf Chrono24 bereits für durchschnittlich 12.500 EUR kaufen. Legen wir den CPO-Preis von 17.900 EUR zugrunde, ergibt sich eine Preisdifferenz von über 43 %.

Die Submariner Ref. 116618LB aus Gelbgold ist mit rund 38.500 EUR CPO-Preis 32 % teurer als ein identisches gebrauchtes Exemplar vom Graumarkt.

Entscheiden Sie sich für eine Rolex Datejust 36 Ref. 116200 mit silbernem Blatt, können Sie im Januar 2023 auf Chrono24 immerhin noch 40 % gegenüber einem CPO-Exemplar sparen.

Im Durchschnitt ergibt sich somit eine Preisdifferenz von Plus 38,3 % beim Kauf einer CPO-Rolex gegenüber einer gebrauchten Uhr des Graumarkts.

Fairerweise muss man natürlich erwähnen, dass die Angebotspalette an gebrauchten Rolex-Modellen groß ist und der Zustand einer jeden Uhr stark variieren kann. Auch werden Uhren darunter sein, bei denen eine Garantie ausgeschlossen ist oder Originalzubehör wie Box und Papiere fehlen. Hier kommt es also stark auf das jeweilige Angebot an, das es zu prüfen gilt.

Fazit: CPO ist teurer als ein Kauf vom Sekundärmarkt

Zwar ist der Betrachtungszeitraum mit knapp über zwei Monaten noch recht kurz, doch bei Abgabe dieses Textes ist doch sehr eindeutig, dass die Preise für Rolex CPO-Uhren spürbar höher sind als identische und ungetragene Neuexemplare, die auf dem Graumarkt gehandelt werden. Bezogen auf die drei oben genannten Beispiele sind CPO-Modelle durchschnittlich 21,3 % teurer. Im Falle gebrauchter Rolex vs. CPO ist das Ergebnis mit über 38 % erwartungsgemäß noch deutlicher.

Die britische Webseite watchpro.com führte im Dezember 2022 eine Umfrage durch, an der 301 Uhrenliebhaber teilnahmen. Die Frage lautete: „Rolex revisioniert und zertifiziert seine gebrauchten Uhren. Wie viel mehr würden Sie für solch eine Uhr (auf Chrono24 u. a.) bezahlen?“

Das Ergebnis ist spannend, denn 46 % der Teilnehmer sind nicht bereit überhaupt irgendeinen Aufschlag für CPO zu bezahlen. Immerhin 41 % wären bereit, 10 % mehr zu akzeptieren. Lediglich 11 % – und damit eindeutig die Minderheit – würden einen Aufpreis von 20 % in Kauf nehmen. Den restlichen 3 % könnte Rolex sogar einen Aufpreis von 30 % gegenüber der Graumarktpreise aufdrücken.

Auf lange Sicht stellt sich die Frage, ob Rolex-Liebhaber tatsächlich stattliche Preisaufschläge für eine CPO-Uhr akzeptieren werden. Die kommenden Monate und Jahre werden zeigen, ob es Rolex und einigen anderen Marken gelingt, große Preisdifferenzen für „ein besseres Gefühl“ verlangen zu können.


Über den Autor

Sebastian Swart

Chrono24 nutze ich privat bereits seit vielen Jahren zum An- und Verkauf, aber auch zur Recherche. Von Uhren bin ich fasziniert, solange ich denken kann. Bereits …

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