10/28/2020
 3 Minuten

Mein größter Uhren-Fehlgriff und was ich daraus gelernt habe

Von Tom Mulraney
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Mein größter Uhren-Fehlgriff und was ich daraus gelernt habe

Vor einigen Jahren bot sich mir die Möglichkeit, ein Modell der unabhängigen Highend-Marke Hautlence zu einem sehr günstigen Preis zu erwerben. Diese einmalige Gelegenheit war das Ergebnis einiger eingeforderter (und weiterer für die Zukunft versprochener) Gefallen. Der Name Hautlence ist vielen Lesern vermutlich nicht geläufig. Die Marke existiert sicherlich noch immer, aber meiner Meinung nach lag ihre Blütezeit wahrscheinlich irgendwann zwischen 2010 und 2015. Ungefähr zu dieser Zeit wurde sie von der MELB Holding übernommen, der auch H. Moser & Cie. gehört. Auch wenn Ihnen die Marke vielleicht unbekannt ist, handelte es sich einmal um einen der angesagtesten und innovativsten unabhängigen Uhrenhersteller. Das Unternehmen baute außergewöhnlich komplizierte Uhren wie die HL2.0 mit ihrem rotierenden, hängenden Hemmungssystem.

Hautlence HL2, Bild: Bert Buijsrogge
Hautlence HL2, Bild: Bert Buijsrogge

Hautlence war und ist vor allem für seine innovativen, in der Form an Fernseher erinnernden Gehäuse sowie die einzigartigen springenden Stunden und retrograden Minutenanzeigen bekannt. Diese Uhren waren stets mit vom Hersteller selbst gebauten Uhrwerken ausgestattet und sahen sehr avantgardistisch aus. Wie bei so vielen anderen Luxusuhrenherstellern bestand das Problem bei Hautlence darin, dass ihr Angebot etwas unübersichtlich wurde und die Preise nicht den Erwartungen der Verbraucher entsprachen (will heißen: Die Uhren waren wahnsinnig teuer). Nach dem Eigentümerwechsel im Jahr 2012 begann Hautlence das Portfolio zu verfeinern und die Marke neu zu positionieren. Zu dieser neuen Strategie gehörte auch die Einführung eines ersten Modells, das nicht von einem selbst hergestellten Uhrwerk angetrieben wurde – und hier beginnt die Geschichte meines größten Uhrenfehlgriffs.

Die Destination war die erste Serie in der neuen Hautlence-Kollektion namens „Signature“. Das Signature-Label wurde im Grunde nur entwickelt, damit Hautlence für seine Serienmodelle Uhrwerke von Drittanbietern beziehen konnte. Auf diese Weise wurden die Uhren erschwinglicher, ohne das es zu Einbußen in Bezug auf das hohe Niveau an Verarbeitung und Flair gekommen wäre, die Fans mit dem Namen Hautlence verbanden. Die Destination beispielsweise wurde nun vom automatischen Uhrwerk Soprod 9351/A10-2 mit zentraler Zeitanzeige und einer zweiten Zeitzone angetrieben.

Hautlence Destination 02
Hautlence Destination 02

Ein weiteres wichtiges Merkmal der Destination war die Rückkehr zur beliebten innovativen TV-Gehäuseform. Hautlence experimentierte damals mit konventionellen, runden Gehäusen, aber die waren nicht so schick. Die Gehäuse bestanden entweder aus Stahl oder aus Titan, optional mit DLC-Beschichtung. Mit dem Zifferblatt betrat Hautlence jedoch völliges Neuland. Zum ersten Mal in der Geschichte der Marke wurden die Stunden und Minuten mit zwei herkömmlichen Zeigern angezeigt. Das war nicht gerade bahnbrechend innovativ, sorgte aber damals für relativ großes Aufsehen. Auf einem aus Saphir gefertigten Hilfszifferblatt bei sechs Uhr wurde die Zeit für eine zweite Zeitzone angezeigt, komplett mit Tag-/Nachtanzeige. Die Ästhetik ähnelte der springenden Stunde, die typisch für die Origine-Kollektion gewesen war, ließ aber deren Komplexität vermissen. Ein Großdatum und „schwebende“ arabische Ziffern vervollständigten das Erscheinungsbild und verliehen der Uhr ein schönes Gefühl von Tiefe. Im Großen und Ganzen war es eigentlich eine recht attraktive Uhr.

Hautlence Destination 02
Hautlence Destination 02

Insgesamt war die Destination sehr hochwertig und die innovative Gehäuseform ein großer Pluspunkt. Deshalb habe ich mich in sie verguckt. Das Problem bestand leider nur darin, dass es keine echte Hautlence war – zumindest nicht in den Augen eines Puristen. Die Marke war bekannt für ihre springenden Stunden und retrograden Minutenanzeigen, die von Manufakturwerken angetrieben wurden. Ich hätte damals auch ein komplizierteres Modell kaufen können, aber die zusätzlichen Kosten schreckten mich ab. Nun wird mich dieser Fehler zwar nicht bis ans Ende meiner Tage verfolgen, aber aus heutiger Sicht würde ich mir trotzdem wünschen, ich hätte mich anders entschieden. Ich hatte meine Vorstellung, wie eine Hautlence sein sollte, und da die Destination dieser Erwartung nie wirklich gerecht wurde, konnte ich es nie genießen, sie zu tragen. Infolgedessen verstaubte die Uhr ziemlich lange in einer Schublade, bevor ich mich schließlich durch einen Tausch von ihr trennte.

Ich bin mir nicht absolut sicher, aber ich glaube, wenn ich mich anders entschieden und ein Modell mit springender Stunde gewählt hätte, würde ich dieses heute wahrscheinlich immer noch gern tragen. Aber sowas gehört nun mal dazu. Nicht zuletzt hat mich diese Erfahrung gelehrt, wirklich darüber nachzudenken, was ich mir von einer Uhr wünsche oder was für ein Modell mir wirklich vorschwebt, bevor ich mich zu solch einem wichtigen Kauf hinreißen lasse.

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Über den Autor

Tom Mulraney

Ich wuchs in den 1980er- und 90er-Jahren in Australien auf. In der Stadt, in der ich lebte, gab es keine nennenswerte Uhren-Szene. Lediglich ein Händler hatte …

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