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Interview mit Benjamin Arabov, CEO von Jacob & Co.: „Ich fühle mich in der Verantwortung, diese Geschichte weiterzuführen.“

Von Elisabeth Schroeder
13. September 2023
7 Minuten
Interview mit Benjamin Arabov, CEO von Jacob & Co.

Interview mit Benjamin Arabov, CEO von Jacob & Co.

Es ist halb sechs Uhr abends am 30. August und wir befinden uns in der oberen Etage der Filiale von Jacob & Co. in der Rue du Rhône in Genf, wo wir uns mit Benjamin Arabov zu einem Gespräch treffen. Besucher aus aller Welt tummeln sich in der Stadt – und in der Boutique. Sie alle können es gar nicht erwarten, die spannenden Neuheiten zu entdecken, die ihre Lieblings-Luxusuhrenmarken anlässlich der Geneva Watch Days 2023 präsentieren.

Chrono24: Benjamin, Sie sind im Alter von 19 Jahren in das Familienunternehmen eingetreten, haben dann aber noch einmal einen anderen Weg eingeschlagen, um eigene Erfahrungen zu sammeln. Seit drei Jahren sind Sie nun CEO von Jacob & Co. und führen das Erbe Ihres Vaters weiter. Wie geht es Ihnen damit? Wie läuft es bisher?

Benjamin: Wie es läuft? [lacht] Es ist sehr aufregend. Ich wusste, als ich in die Firma eingestiegen bin, welches Potenzial diese besitzt, und habe es mir zur Aufgabe gemacht, dieses Potenzial zur vollen Entfaltung zu bringen. Ich denke, dass wir selbst nach all diesen Jahren gerade bei 20 Prozent unseres vollen Potenzials sind und noch viel mehr Raum für Wachstum haben.

Seit meinem Eintritt konnten wir unsere globale Reichweite bereits deutlich erhöhen. Wir haben weltweit Geschäfte eröffnet: Dieses Jahr eine Filiale in Saudi-Arabien, nächsten Monat folgt dann Mumbai und im November Hongkong. Wir sind mit einer Verkaufsstelle in der Türkei gestartet und haben das Geschäft in Dubai wiedereröffnet. Nächstes Jahr stehen weitere neue Standorte auf dem Programm. Also ja, es ist ganz schön was los.

Chrono24: Haben Sie in den drei Jahren als CEO etwas Neues über die Branche, die Marke oder sich selbst gelernt?

Benjamin: Ja, auf jeden Fall. Ich kam ja aus dem Online-Marketing. Die Uhrenbranche und der gesamte Markt waren neu für mich. Ich musste mich also erst einmal in alles einarbeiten und herausfinden, wie der Hase läuft: die zeitlichen Abläufe, wann Produkte lanciert werden, wie man bestimmte Dinge kommuniziert. Und mit der Zeit bekam ich ein Gespür dafür.

Chrono24: Gab es Dinge im Unternehmen, die Sie ändern oder anpassen mussten, damit sie besser mit Ihrer Arbeitsweise harmonieren?

Benjamin: Ja, wir mussten unsere internen Geschäftsabläufe überarbeiten, um die von uns angestrebten Wachstumsziele erreichen zu können. Daran haben wir die letzten paar Jahre gearbeitet. Wir mussten unsere gesamte Betriebsstruktur ändern: mehr Leute einstellen, Prozesse und Protokolle einführen, damit die Dinge reibungslos und einheitlich ablaufen. sodass wir wachsen können. Diese standardisierten Verfahren gab es vorher nicht. Es war ein ständiges Hin und Her zwischen der Führung und dem Team, was die einzuschlagende Richtung, die nächsten Schritte und so weiter anging. Bei meinem Einstieg war es mir deshalb wichtig, einen genauen Einblick in alles zu bekommen, sodass ich die Probleme Schritt für Schritt angehen und dafür sorgen konnte, dass das Team an einem Strang zieht und wir das Unternehmen ausbauen können.

Three generations in one picture: Benjamin (left) is carrying his fathers (right) legacy
Generationenprojekt: Benjamin Arabov (links) führt das Unternehmen seines Vaters (rechts) weiter.

Chrono24: Wahrscheinlich hat sich auch in Sachen Marketing einiges getan. Schließlich kommen Sie ja aus diesem Bereich …

Benjamin: Ja, absolut. Wir haben unser Marketing verdoppelt bzw. verdreifacht, wobei unsere Werbung jetzt hauptsächlich in Form von Online-Marketing stattfindet. Dort sehen wir die größten Chancen und die schnellsten Ergebnisse. Ich habe viel Erfahrung mit Datenanalyse und ich glaube, wenn wir in Online-Marketing investieren und die daraus bezogenen Daten analysieren, verfügen wir über die beste Grundlage für unsere unternehmerischen Entscheidungen.

Chrono24: Wo wir schon beim Thema Veränderung sind: In der Uhrenbranche sieht man immer mehr junge Gesichter in den Vorständen und Geschäftsführungen verschiedener Marken. Dazu gehören zum Beispiel Frédéric und Jean Arnault, Pierre Biver und natürlich Sie selbst. Junge Denkweisen, neue Technologien und digitale Medien werden über kurz oder lang in die konservative Luxusuhrenindustrie Einzug halten. Glauben Sie, dass die Uhrenbranche eine Verjüngungskur braucht?

Benjamin: Es ist schön zu beobachten, dass immer mehr junge Leute den Weg in die sehr traditionell geprägte Uhrenindustrie finden. Sie bringen frischen Wind in die Branche – eine neue Art, die Dinge anzugehen. Leute wie Pierre Biver, die Arnaults und noch einige andere bringen ein großes Innovationspotenzial mit. Ich freue mich, gemeinsam mit ihnen die Branche weiterzuentwickeln. Denn wenn keiner den Job übernimmt, stirbt die Branche einfach aus. [lacht]

Chrono24: Einige Veränderungen sind in der Tat sichtbar. Es scheint, als würde die Uhrenindustrie jünger und beweglicher werden. Denken wir nur einmal an das erfolgreiche MoonSwatch-Projekt und den unglaublichen Hype, der daraus entstand, oder an die PRX-Kollektion von Tissot.

Die junge Generation möchte gerne in exquisite Zeitmesser investieren. Allerdings bewegen sich die Uhren von Jacob & Co. in einem Preissegment, zu dem diese jungen Leute in der Regel keinen Zugang haben. Was ist Ihre Strategie, um die Generationen Y und Z ins Boot zu holen? Angesichts der sich wandelnden Gegebenheiten und frischen Perspektiven in der Branche erscheint eine solche Strategie notwendig.

Benjamin: Eine meiner ersten Aktionen bei Jacob & Co. war die Implementierung einer TikTok-Strategie. Und gerade gestern haben wir mit unserem Account eine Milliarde Aufrufe erreicht. Es ist schon witzig, denn meine Leute aus dem Vertrieb und unsere Einzelhandelspartner erzählen mir bei unseren Meetings immer, wie die Kids ihre Väter in die Läden schleppen und ihnen von Jacob & Co. erzählen. Sie sind 12, 13, 14 Jahre alt, und sie nehmen ihre Eltern mit ins Geschäft und geben ihnen Tipps, welche Uhr sie kaufen sollen. Solche Geschichten höre ich ständig.

Ich finde das fantastisch und es zeigt, wie wirkungsvoll eine gute TikTok-Strategie ist. TikTok ist das Medium der Jugend. Ich weiß, dass viele Marken nicht auf TikTok setzen, weil das Durchschnittsalter dort so niedrig ist. Wir sind allerdings davon überzeugt, dass die jungen TikTok-Nutzer einen Einfluss auf ihre Eltern nehmen können. Und ich wette, dass sie in zehn Jahren die Marke so verinnerlicht haben werden, dass sie ihr erstes selbst verdientes Geld bei uns ausgeben werden. Ich freue mich darauf, diese Entwicklung zu beobachten, und bin gespannt, ob unsere Strategie aufgeht.

Chrono24: In der Tat, um junge Leute ansprechen zu können, muss man deren Interessen verstehen, sei es Popkultur, Mode oder Sport. Was den Sport angeht, ist es Ihnen gelungen, sich mit dem berühmtesten Fußballspieler unserer Zeit zusammenzutun, um die Uhrenlinie CR7 zu kreieren. Cristiano Ronaldo und Ihr Vater kennen sich schon lange, nicht wahr? Letztes Jahr haben die beiden ihre Zusammenarbeit bekannt gegeben. Das war sicher aufregend für die Firma, nicht wahr?

Benjamin: Ja, die beiden kennen sich schon seit 20 Jahren und es war eine wirklich spannende Erfahrung. Zu beobachten, was passiert, wenn man auf dem Instagram-Kanal eines Weltstars mit 600 Millionen Followern etwas postet, ist einfach genial.

Chrono24: Und Cristiano ist tatsächlich ein begeisterter Uhrenliebhaber. Seit Kurzem ist er Investor bei Chrono24. Unser CEO Tim Stracke hat sich im Juli in Lissabon mit ihm getroffen. Die Organisation dieses Treffens war ein ziemliches Projekt, denn Cristiano hat einen extrem vollen Terminkalender, auch in der Nebensaison.

Da Sie beide nicht am selben Ort wohnen – nicht einmal auf dem gleichen Kontinent –, nehme ich an, dass die Zusammenarbeit sich manchmal recht kompliziert gestaltet hat. Schließlich haben auch Sie eine Menge zu tun. Wie haben Sie das hinbekommen?

Benjamin: Jacob und Cristiano kennen sich ja schon 20 Jahre persönlich. Ich nehme an, die beiden haben sich irgendwo getroffen und unterhalten, und Jacob meinte: „Lass uns doch zusammen eine Uhr machen.“ So ist die Idee entstanden. Danach haben sie sich regelmäßig getroffen, um gemeinsam die Uhr zu entwerfen, und das hat ihm Spaß gemacht.

Chrono24: Ich möchte darauf zurückkommen, was wir zuvor gesprochen haben: die Weiterführung des Erbes Ihres Vaters. Genau diesen Aspekt haben Sie nämlich in Ihre Uhren-Neuheiten für die Geneva Watch Days einfließen lassen. Mit dem Modell Dual Time Zone erinnern Sie an die Anfänge Ihrer Marke: Es ist eine Hommage an ein Familienerbstück, eine Uhr, die ihr Vater geschenkt bekommen hat, als er 13 Jahre alt war. Dieser Zeitmesser hat in ihrem Vater den Wunsch geweckt, eines Tages Uhren zu seinem Beruf zu machen. Hatten Sie ein ähnliches Erlebnis in Ihrer Kindheit?

Benjamin: [lacht] Nein, eigentlich nicht.

Chrono24: Sie fühlten sich eher zum Marketing hingezogen?

Benjamin: Ja, genau. Mein Talent und Interesse lagen schon immer im Bereich Verkauf. Was ich damals nicht mochte und auch heute noch nicht mag, sind diese klassischen, direkten Verkaufsgespräche. Ich mache das nicht gerne. Also habe ich mir überlegt: „Wie kann ich höhere Verkäufe erzielen, während ich am Rechner sitze?“ Denn das macht mir Spaß. Ich habe also angefangen zu recherchieren und kam auf die Idee, mich ins digitale Marketing einzuarbeiten. Jetzt ging es nur noch darum, ein absoluter Experte in dem Bereich zu werden. Sobald man das digitale Marketing beherrscht, kann man jedes beliebige Produkt bewerben – man muss nur die richtige Strategie entwickeln. Und genau das habe ich getan.

Die Uhrenbranche bietet mir die Möglichkeit, meine kreative Seite auszuleben, während es beim digitalen Marketing primär um Datenanalyse geht. In meinem heutigen Job kommen meine analytischen Fähigkeiten nach wie vor stark zum Einsatz, aber auch Design und Kreativität spielen eine Rolle. Und das gefällt mir sehr.

Chrono24: Lassen Sie uns über die neue Uhr sprechen: Sie haben ihr den Namen „The World is Yours“ gegeben. Was bedeutet dieser Name?

Die Uhr verfügt über eine doppelte Zeitzone mit voneinander unabhängigen Stunden- und Minutenanzeigen, eine zentrale kleine Sekunde und eine Gangreserve von 42 Stunden. Das Gehäuse hat einen Durchmesser von 43 mm und eine Höhe von 14 mm und ist aus 18-karätigem Roségold gefertigt. Das blau lackierte Zifferblatt ist mit in Prägetechnik gestalteten Kontinenten verziert und zeigt eine Hälfte des Globus. Die andere Hälfte ist auf dem in Roségold gearbeiteten Gehäuseboden dargestellt. In der Mitte des Zifferblatts mit seinen rosévergoldeten Zeigern befindet sich ein Kompass. Die Uhr ist auf 999 Exemplare limitiert.

Benjamin: „The World is Yours” bedeutet, dass man alles im Leben erreichen kann. Egal, wo man anfängt. Sogar, wenn man bei null anfängt, wie Jacob es tat. Wenn Sie sich ein Ziel setzen und entschlossen und konsequent an dessen Umsetzung arbeiten, können Sie alles erreichen.

Die Welt gehört Ihnen, wenn Sie es wollen.

Chrono24: Dies ist also eindeutig eine Hommage an die bescheidenen Anfänge Ihres Vaters, aber auch an die Beziehung zwischen ihm und Ihrem Großvater. Die Uhr repräsentiert mehrere Generationen Ihrer Familie – wo sehen Sie sich in der Geschichte?

Benjamin: [lacht] Das ist eine gute Frage. Ich fühle mich in der Verantwortung, diese Geschichte und das Erbe weiterzuführen. Das ist die Last, die auf meinen Schultern liegt.

Chrono24: Aber wie Sie schon sagten, wenn man sich etwas vornimmt und entschlossen daran arbeitet, kann man alles erreichen.

Vielen Dank für die Zeit, die Sie sich für uns genommen haben.

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Über den Autor

Elisabeth Schroeder

Elisabeth Schroeder

Die Geneva Watch Days 2023 waren das erste Uhren-Event, das ich besuchte und spätestens da kam bei mir die Lust auf, mich intensiver mit Luxusuhren zu befassen. Und der beste Weg ist doch, sich einfach Hals über Kopf in die (Schreib-)Arbeit zu stürzen.

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