04/26/2022
 5 Minuten

Gegen den Strom – 3 beliebte Uhren, die ich für völlig überbewertet halte

Von Donato Emilio Andrioli
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Wenn Uhren bei der breiten Masse extrem beliebt sind, hat es meistens einen guten Grund: Vielleicht ist das generelle Design einfach schön anzusehen, bestimmte Zifferblattfarben treffen den aktuellen Geschmack von Uhrenliebhabern oder die Uhr hat eine unglaublich spannende Historie zu bieten. Auch die drei Uhren, die ich Ihnen zeigen werde, haben allesamt etwas richtig gemacht, sonst wären sie wohl kaum so beliebt – trotzdem kann ich mit ihnen nichts anfangen und halte sie für völlig überbewertet. Dabei geht es mir nicht einzig und allein um hohe Marktpreise – sie gefallen mir einfach nicht.

Mir ist bewusst, dass ich mit meiner Meinung ziemlich alleine da stehe; doch lassen Sie uns doch mal gemeinsam eine etwas andere Sicht auf diese Publikumslieblinge von Rolex und Omega werfen und welche Uhren ich stattdessen wählen würde. Eines vorweg: Es handelt sich hier lediglich um meine persönliche, subjektive Meinung. Alle Uhren, die ich Ihnen zeigen werde, haben sich ihren Status verdient – nur werde ich einfach nicht warm mit ihnen. Manchmal funkt es eben einfach nicht…

Diese Uhren werden von jedem geliebt – ich halte sie hingegen für überbewertet

1. Rolex GMT Master 2 Pepsi… ist mir zu bunt

Keine Frage, die Rolex GMT-Master II ist eine wirklich schön anzusehende, tolle Uhr. Das Gehäuse, welches wir bereits von der Rolex Submariner kennen, ist extrem markant und gefällig. Mit der nützlichen GMT-Funktion lassen sich drei Zeitzonen im Auge behalten und die Lünette lässt sich hervorragend bedienen. Generell ist die gesamte Uhr Rolex-typisch haptisch ganz große Klasse. Der Grund für den großen Hype in den letzten Jahren dürfte jedoch die bunte Lünette sein. Vor allem die blau-rote „Pepsi“-Version lässt die Herzen von Uhrenliebhabern höher schlagen. Gerechtfertigt das einen Preis von mittlerweile über 30.000 EUR? In meinen Augen ein ganz klares nein, zumal gerade die „Pepsi“-Lünette nicht zu allen Outfits passt und oft ein klein wenig zu sportlich wirkt. Aus diesem Grund würde ich selbst bei günstigeren Preisen jederzeit eine schwarze Rolex GMT-Master II bevorzugen. Die 2019 eingestellte Uhr bietet Ihnen im Grunde alles, was Ihnen auch die „Pepsi“-Variante bietet.

Rolex GMT-Master II: eine schlichtere Alternative

Ob der Preis der schwarzen Variante der Rolex GMT-Master II fairer ist, muss jeder Uhrenliebhaber für sich selbst entscheiden, doch Fakt ist: Die GMT Master Ref. 116710LN ist wesentlich „günstiger“ zu haben als ihre „Pepsi“- und „Batman“-Pendants. Mit ihrer komplett in schwarz gehaltenen Optik passt sie zu jedem Outfit und jedem Anlass, das macht sie zur perfekten Uhr für den Alltag. Der grüne GMT-Master-Schriftzug und der grüne GMT Zeiger sind kleine, aber feine farbige Details. So sorgt die Uhr für optische Abwechslung, ohne dabei ihre Wandelbarkeit zu verlieren. Zwar gibt es nicht die Möglichkeit, diese Variante am Jubilee-Band zu kaufen – ich finde das teilpolierte Oyster-Band aber ohnehin passender und schöner. Sollte Rolex diese Variante der GMT-Master II zudem nicht wieder neu auflegen, haben Sie obendrein noch ein tolles Sammlerstück, welches in einigen Jahren nochmal einiges an Wert gewinnen dürfte.

Die GMT-Master II in der „Pepsi“-Variante wirkt sehr sportlich – vielleicht zu sportlich?

2. Rolex Oyster Perpetual… nicht mein Geschmack

Im September 2020 führte Rolex eine neue Referenz der Oyster Perpetual ein. Mit dabei: neue, bunte Zifferblattfarben. Diese haben für einen regelrechten Hype gesorgt, wovon auch die gewöhnlichen Zifferblattvarianten profitiert haben. Als Uhrenliebhaber habe ich technisch gesehen großen Respekt vor der Rolex Oyster Perpetual, sie ist schlicht und einfach die Basis jeder Rolex Uhr. Doch ich tue mich mit dem aktuellen Hype dieser schlichten Ikone einfach schwer, ist sie letztendlich nicht mehr als das Einsteigermodell einer berühmten Uhrenmarke. Daran ändern auch bunte Zifferblätter nichts, die meiner Meinung nach ziemlich lieblos in die neue Rolex Oyster Perpetual implementiert wurden. Für mich sieht es fast so aus, als hätte Rolex die „Stella“-Dials aus den Sechzigern fast unverändert in die Moderne geholt und in die neuen Gehäuse der Oyster Perpetual eingefügt. Bei Uhrenliebhabern kommen die pastelligen Farben offensichtlich sehr gut an, die Marktpreise sprechen für sich. Ich persönlich finde die Farben für eine moderne Uhr hingegen unpassend und auch etwas altbacken.

Nicht-Rolex-Alternativen: Tudor als Klassiker und Omega mit Farbvarianten

Wenn es um eine fast gleichwertige Alternative ohne Datum geht, würde ich deshalb ohne zu zögern die Tudor Black Bay 36 bzw. 41 wählen. Die Tudor bietet Ihnen dank der Nähe zu Rolex eine ähnlich gute Qualität, ist jedoch völlig eigenständig und kostet nur einen Bruchteil dessen, was Sie aktuell für eine Rolex Oyster Perpetual berappen müssten. Wünschen Sie zum reduzierten Look allerdings auch ein buntes, auffälliges Zifferblatt, dürfte kein Weg an der neue Omega Seamaster Aqua Terra Rainbow 38 mm vorbeigehen. Zwar bin ich der Meinung, dass Omega hier etwas zu sehr von Rolex abgekupfert hat, doch die Zifferblätter sind deutlich gelungener als beim Rolex-Pendant. Der Sonnenschliff-Effekt macht deutlich mehr her und auch die Farbtöne sind wärmer, moderner und schöner anzusehen als bei der Rolex Oyster Perpetual. Obwohl Omega etwas frech war, sich an die Zifferblattfarben der Rolex-Einsteigeruhr zu orientieren: Die Aqua Terra ist eine völlig eigenständige Uhr mit ganz eigenem Charakter. Mit einem Preis um die 5.500 EUR ist die Omega deutlich günstiger als die Rolex Oyster Perpetual, die nicht mehr unter 10.000 EUR zu haben ist. Obendrein gibt es noch eine nützliche Datumskomplikation, die bei der Oyster Perpetual fehlt.

Ist der aktuelle Hype um die Rolex Oyster Perpetual gerechtfertigt?

3. Omega Speedmaster Professional… ein wahrer Fehlkauf

Ich weiß noch ganz genau, wie ich dem Tag entgegen gefiebert habe, endlich meine Omega Speedmaster Professional Moonwatch in den Händen zu halten, für die ich Monate lang gespart hatte. Für jemanden, der alles über die NASA und die Mondmissionen gesehen und gelesen hat, war die Omega Speedmaster Professional Moonwatch für mich ein absolutes Muss. Omega hat es sich beim Vorgänger der aktuellen Speedmaster zudem nicht nehmen lassen, den Käufer zu verwöhnen. Die riesige Sammlerbox mit jeder Menge toller Extras hat mich als Uhrenliebhaber und Weltraum-Fan damals perfekt abgeholt und mein „Habenwollen-Gefühl“ sogar noch verstärkt. Doch bereits wenige Wochen später bemerkte ich, wie die Uhr einfach nicht ans Handgelenk kommen wollte. War es das eigenwillige Armband, das mir nie zugesagt hat? Das mattschwarze Zifferblatt, welches mir zu wenig Abwechslung bot? Oder lag es am unbequemen Handaufzug, der spätestens nach 2 Tagen wieder betätigt werden musste? Was es auch war, ich wurde mit der Omega Speedmaster Professional Moonwatch einfach nicht warm. So sehr ich die Faszination nachvollziehen kann, die die Moonwatch auf Uhrenliebhaber ausübt – so wenig mag ich sie persönlich als Trageuhr. Lassen wir die tolle Historie und ihr ikonisches Gesamtdesign mal außen vor, bleibt eine Uhr, die heute sprichwörtlich genauso aussieht wie 1969 – das ist mir persönlich etwas zu altbacken. Dabei bräuchte es gar nicht mal so viel: Ein etwas aufwändigeres Zifferblatt und ein zeitgemäßeres Armband – schon würde diese Ikone im neuen Glanz erstrahlen. Dass der Luxusuhrenhersteller aus Biel seine legendäre Ikone nicht zu sehr verändern will und bei der neuen Version sogar noch ein Stück zurück zu den Wurzeln geht, verstehe ich zwar sehr gut – Rolex hat bei der Daytona jedoch auch gezeigt, wie ein Uhrenhersteller eine Ikone perfekt in die Moderne transportieren kann, ohne ihre DNA allzu sehr zu verändern.

Die Historie der Speedmaster Professional ist unerreicht, doch als Trageuhr finde ich sie ein klein wenig zu altmodisch

In-House Alternativen: Omegas Speedmaster Co-Axial und Dark Side of the Moon

Eine Alternative wäre für mich deshalb die kleinere Omega Speedmaster Co-Axial. Sie war nicht auf dem Mond und ist längst nicht so ikonisch wie die Moonwatch, kommt aber deutlich moderner daher und bietet noch dazu eine Menge Vorzüge: ein moderneres Zifferblatt, ein Automatikwerk und sogar ein Datum. Mit einem Preis unter 5.000 EUR ist sie zudem ein klein wenig günstiger als die Omega Speedmaster Professional. Auch die Apollo 8 „Dark Side of the Moon“ ist eine spannende Neuinterpretation der Moonwatch, die ich sofort dem Klassiker vorziehen würde.


Über den Autor

Donato Emilio Andrioli

Als ich mit der Tudor Black Bay 41 meine erste mechanische Uhr kaufte, begann für mich eine neue große Leidenschaft. Besonders begeistern mich ikonische Uhren, die eine interessante Geschichte vorweisen können.

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