01/23/2020
 5 Minuten

Die Entwicklung des Designs der Cartier Santos

Von Tom Mulraney
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The Design Development of the Cartier Santos

Wenn Sie an historisch relevante Pilotenuhren denken, dann ist die Wahrscheinlichkeit relativ gering, dass Ihnen zuallererst die Cartier Santos in den Sinn kommt. Höchstwahrscheinlich fehlt sie sogar ganz auf Ihrer Liste. Dennoch wurde dieses Model ursprünglich für den brasilianischen Luftfahrtpionier Alberto Santos-Dumont konzipiert, der gegen Ende des 20. Jahrhunderts in Paris lebte. Seitdem hat sich das Design der Uhr enorm verändert, sodass diese nun nicht mehr als Toolwatch im klassischen Sinne anzusehen ist. Die einzigartige Anziehungskraft der Cartier Santos bleibt jedoch bestehen, genau wie ihr besonderer Platz in den Geschichtsbüchern der Luxusuhren-Industrie. Wenn Sie mehr erfahren möchten, sollten Sie einfach weiterlesen.

Designs für zukünftige Generationen

Cartier Santos 1
Cartier Santos 1

 

Heutzutage trägt man eine Cartier Santos eher aus modischen und weniger aus praktischen Gründen, obwohl natürlich gar nichts dagegen spricht, denn ihr ursprünglicher Verwendungszweck war ja zweckmäßig. Wie bereits erwähnt, war Santos-Dumont Luftfahrtpionier und widmete den Großteil seiner Zeit Luftfahrtstudien und-experimenten. Er fand jedoch bald heraus, dass Taschenuhren für seine Praxistests unpraktisch, wenn nicht sogar gefährlich sein konnten, da sie zu unhandlich waren und er für deren Verwendung immer mindestens eine freie Hand benötigte.

Er war nun auf der Suche nach einer praktischen Lösung. Der Geschichte nach besuchte er einen wohlbekannten Vertreter der Uhrenindustrie in Paris mit dem er außerdem gut befreundet war, Louis Cartier. Als Enkel des Firmengründers Louis-François Cartier, leitete Louis den Unternehmenszweig in Paris und zeichnete sich für einige der berühmtesten Designs der Marke (mit der Cartier Tank als wahrscheinlich berühmtestem Design) verantwortlich.

Nach dem Besuch erschuf der junge Cartier eine flache Uhr mit charakteristischer quadratischer Lünette. Ihr Design basierte auf drei Grundprinzipien: Klarheit, Einfachheit und Praktikabilität. Sie war modern und zeitgemäß und reflektierte wie besessen die Epoche vom Fortschritt war, verkörperte aber auch gleichzeitig einen zeitlosen Reiz. Eine Armbanduhr für Männer mag damals durchaus ungewöhnlich gewesen sein, die Tatsache, dass das Design der Uhr sich über einhundert Jahre später kaum verändert hat, spricht allerdings für Cartiers langfristige Vision. Er wollte nicht nur eine einmalige Lösung für seinen Freund finden; er wollte eine Vermächtnis für die nachfolgenden Generationen erschaffen.

Ein zweckmäßiges Design

Es wird angenommen, dass Cartier’s Inspiration für das Gehäuse von einer traditionellen quadratischen Taschenuhr der Marke stammt. Robust und dennoch attraktiv, lag diese Uhr im abgerundet quadratischen Stil flach am Handgelenk, was für Santos-Dumont’s Bedürfnisse ideal war. Das Uhrenglas wurde mit acht Schrauben gesichert und sollte somit an die Beine des Eiffelturms erinnern. Auf dem Zifferblatt befanden sich gut lesbare römische Ziffern für die Stunden, wie es für die meisten modernen Cartier-Uhren charakteristisch ist. Dadurch gilt die Uhr als Vorläufer der Art-déco-Bewegung, die modernen Stil mit ausgezeichneter Verarbeitung und teuren Materialien verband. Am wichtigsten war aber wahrscheinlich, dass Louis Cartier ein Lederband am Gehäuse anbrachte, sodass die Uhr am Handgelenk getragen werden konnte.

Cartier Santos 100 XL Bicolor
Cartier Santos 100 XL Bicolor

Es ist nicht klar, ob Santos-Dumont spezifisch um eine Armbanduhr gebeten hatte oder ob Monsieur Cartier sich diese neuartige Lösung selbst ausdachte. Das Resultat ist jedoch bekannt. Im Jahre 1904 kam die Uhr, die von vielen als erste zweckgerichtete Armbanduhr betrachtet wird, auf den Markt und war direkt ein Hit. Santos-Dumont trug sie überall, selbst, wenn er gerade keine Luftfahrt-Tests durchführte. Da er zur damaligen Zeit in Paris einer gewissen Berühmtheit gelangte, wurde er darauf angesprochen, was er denn da an seinem Handgelenk trage. Dabei gilt es zu bedenken, dass Männer Anfang des 20. Jahrhunderts eher Taschenuhren in ihren Jacketts trugen. Daher sorgte es für einige Aufregung, dass eine prominente und einflussreiche Person auf einmal mit einer Armbanduhr zeigte.

Cartier war nicht nur ein begabter Designer, sondern auch ein scharfsinniger Unternehmer. Er ergriff die Gelegenheit beim Schopfe, nutzte die Aufregung, die durch Santos-Dumont entstanden war und beauftragte den Uhrmacher Edmond Jaeger die Uhr serienmäßig herzustellen. Im Jahre 1911 war die Cartier Santos die erste Armbanduhr für Herren und ist bis heute die einzige Uhr von Cartier mit dem Namen ihres Erstträgers. Sie kam in einer Epoche, die vom Fortschritt geprägt war auf den Markt und war daher umgehend ein Erfolg. Modische Franzosen ließen ihre Taschenuhren zurück und entschieden sich für diese zeitgenössische Alternative.

Jedoch ändern sich sowohl Zeiten als auch Geschmäcker. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ging die Beliebtheit von quadratischen Uhren zurück. Runde Uhren waren praktischer und nützlicher, weswegen diese von Militärs weltweit bei Uhrmachern in Auftrag gegeben wurden. Einige Jahre später kamen die Soldaten mit diesen kampferprobten Uhren nach Hause und starteten somit wiederum einen neuen Trend. Die Santos verschwand natürlich nicht, aber es vergingen einige Jahrzehnte bis sie wieder ihre Strahlkraft zurückerhielt, die sie noch am Handgelenk vom Santos-Dumont hatte.

Die Luxus-Sportuhren aus Stahl

Wenn Sie auf Chrono24 sind dann wissen Sie wahrscheinlich von der Bewegung der Luxus-Sportuhren aus Stahl, die in den 1970er-Jahren mit der heute ikonischen Royal Oak von Audemars Piguet begann. Kurz darauf folgte Patek Philippe mit der gleichermaßen ikonischen Nautilus. Nachdem deutlich geworden war, dass ein neuer Trend entstand, wollten viele andere Marken ihre eigene Luxus-Sportuhren aus Stahl auf dem Markt bringen. Das galt auch für Cartier.

Cartier Santos Vintage (circa 1970s)
Cartier Santos Vintage (circa 1970er)

Der damalige Leiter der Marketingabteilung Alain Dominique Perrin, entschied sich dazu die Cartier Santos zum ersten Mal seit 60 Jahren zu überarbeiten und benannte sie in diesem Zuge auch in Santos de Cartier um. Die DNA des Originals war da, die Uhr wurde aber an die Zeit angepasst. Eine wesentliche Änderung war die Einführung einer Lünettenplatte, die von winzigen Schrauben in Position gehalten wird (heute ein Erkennungsmerkmal des Designs). Gleichzeitig wurde das Lederband durch ein integriertes, genietetes Metallband ersetzt. Am faszinierendsten war aber wahrscheinlich die teilweise Verwendung von Gold für das Gehäuse und das Armband im ersten Model. Das war für die Zeit sehr mutig und half dabei einen weiteren Trend zu starten: die Bicolor-Uhr. Nach Veröffentlichung im Jahre 1978 folgte bald eine reine Stahlversion der Uhr.

Hergestellt als Luxusuhr, wurde die Cartier Santos bald zur Stilikone der 1980er-Jahre. In den folgenden Jahren brachte das Unternehmen diverse Variationen auf den Markt, bis 2016 die Kollektion eingestellt wurde. Natürlich ist das nicht das Ende der Santos-Geschichte. Es war schlichtweg Zeit für eine weitere Überarbeitung. 40 Jahre nach der letzten Aktualisierung verzückte Cartier die alten und neuen Fans mit der Veröffentlichung einer neuen Santos-Kollektion.

Die neue Cartier Santos

Cartier Santos Skeleton
Cartier Santos Skeleton

 

Indem sie raffinierter, kohärenter und irgendwie auch vielseitiger geworden ist, hat sich die neue Cartier Santos ihre Beliebtheit erhalten. Erhältlich in zwei verschiedenen Gehäusegrößen – groß und mittel – bleibt das Design dem des Originals treu. Die charakteristischen acht Schrauben, welche die quadratische Lünette fixieren, sind natürlich weiterhin vorhanden, aber die Lünette ist nun in Richtung der Bandanstöße leicht verjüngt und verleiht dem Gehäuse somit einen moderneren Look. Wie bei Luxus-Sportuhren üblich, ist die Uhr nun bis zu 100 m wasserdicht. Dennoch sitzt die Uhr elegant am Handgelenk. Die große Version ist lediglich 9,08 mm dick, die mittlere Version ist mit 8,83 mm noch dünner.

Die größte Innovation war jedoch die Einführung von Cartier’s neuem“QuickSwitch“-System. Indem Sie einfach nur einen Knopf an der Unterseite des Uhrenarmbandes drücken, können Sie dieses vom Gehäuse lösen. Das bedeutet, dass es möglich ist innerhalb weniger Sekunden Armbänder zu wechseln. Dieses praktische Feature vervollständigt die vielseitige Natur der Cartier Santos und ihr ikonisches Design.

Lesen Sie weiter

Die Geschichte der Uhrmacherei: Cartier’s berühmteste Uhren

Cartier: Eine Hommage an einen Klassiker – die Cartier Tonneau

Der Zauber von Skelettuhren


Über den Autor

Tom Mulraney

Ich wuchs in den 1980er- und 90er-Jahren in Australien auf. In der Stadt, in der ich lebte, gab es keine nennenswerte Uhren-Szene. Lediglich ein Händler hatte …

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